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140 Psychische Studien. XLIX. Jahrg. 3. Heft. (März 1922.)
besteht eine herabgedämmerte Funktion des Vordergehirnsr
so daß die vom Sympathikus kommenden Reize in Zentrum 2
zu sehr starken Sinnesbildern umgeschaffen werden können
. Zentrum 4 wird übergangen, 3 ist mehr oder weniger
getrübt. (Die Bezeichnung 5 für den Sympathikus ist ganz
schematisch; die Knotenpunkte desselben sind in Wirklichkeit
über den ganzen Körper zerstreur.) Der hier beschriebene
Vorgang erinnert an die zentripetale Halluzinationstheorie
.
Die Bilder zeigen eine Symbolik, weil sie nicht aus
optischen Eindrücken resultieren, sondern meta-
morphosierte Eindrücke anderer Art sind. Hier
liegt vielleicht die wahre Entstehungsquelle der
Mythologie in der Annahme, daß in weit zurückliegenden
Zeiten viele Menschen oder ganze
Völkerstämme diese Eindrücke gehabt — vielleicht
auch verstanden haben. Vielen Sehern
und Somnambulen kommi ja auch die Fähigkeit
zu, ihre Symbolik hinterher zu deuten.
Nun gibt es noch eine andete Klasse \on Menschen, die
Hellsehen durch Training erreicht haben. Sie bilden direkt
einen Gegensatz zu den Vorgenannten. Sie haben nur Eindrücke
, wenn sie sie haben wollen, ihre Wahrnehmungen
hängen nicht vom Milieu, von der Zeit, von der Disposition
c«b. Ihr Bewußtsein wird nicht „herabgedämmert", sondern
konzentriert
Vom Zentrum des abstrakten Denkens (Willenszentrum;
eine Hemmung nach dem Zentrum des konkreten
Vorstellens (3\ so daß alle eigenen Vorstellungen
, Empfindungen, Erinnerungen, sogar das
persönliche Ich, soweit als möglich ausgelöscht
werden. Das ist nur möglich, wenn durch lang
andauerndes Training ein neues überpersönliches
oder abstraktes Ich erweckt wurde. F erner
geht von dort eine elektive Kontrolle nach 2.
Als einzige Vorstellung wird dann der zu erforschende
Gegenstand festgehalten. Die Eindrücke
des Gegenstandes, auf den das Bewußtsein
eingestellt ist, werden \om Sympathikus auf
Station 2 gebracht (Sehzentrum}, dort in Bilder umgewandelt
und in 3 zur Vorstellung gebracht. Daß dann gerade diese
und keine anderen Vorstellungen aufgenommen werden, beruht
auf einer elektiven Fähigkeit des Willenszentrums, die
Eindrücke werden durch den Einfluß von 4 filtriert. (Wir
können z. B. auch aus einem Dreiklang den 1., 3. oder 5. Ton
heraushören, je nach Einstellung.) Der Vorgang erinnert
an die zentrifugale Halluzinationstheorie.
4]
geht
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