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154 Psychische Studien. XLIX. Jahrg. 3. Heft (März 1922.)
ernst zu nehmen, er habe ihm in dessen bekannten Bücher
Unrichtigkeiten nachgewiesen, da er die Zahl seiner positiven
Versuche verschieden angebe und die negativen weglasse
. (Diese ganz willkürliche und übelwollende Auslegung
hat T i s c h n e r längst in der „Frankfurter Zeitung** auf einen
langen Artikel Molls für richtig zu stellen versucht, seine
kurze Erklärung wurde aber auf die Hälfte zusammengestrichen
und noch mit einem Zusatz Molls versehen, dann
eine abermalige Besprechung überhaupt nicht gebracht.*-
Wiederholt rief der Vortragende, durch unwillige Aeuße-
rungen einiger Zuhörer veranlaßt, mit zitternder Stimme
und drohenden Händen in den großen Raum hinein, etwa
dorthin, wo Pressevertreter saßen: „Ja, schreiben Sie nur
jedes Wort auf, was ich sage, da oben sitzt eine Clique, die
ist mir schon lange bekannt, ich bitte die Versammlung,
mich zu schützen!44 — Was wollte Moll eigentlich damit
sagen? Sprach er nur für seine Anhänger und Freunde?
Waren ihm Kollegen mit gegenteiliger Auffassung nicht willkommen
? Kam der Widerspruch nicht vielmehr aus dem
ganzen Saale, und war die Ankündigung nicht an die gesamte
Aerzteschaft ergangen ? Warum witzte er fortwährend
seine Zuhörer und bat sie dann um Schutz? Warum vertraute
er so wenig der Schlagkraft seiner Gegengründe?
, Die Ausführungen des polemisierenden Geheirnrats wurden
mehr und mehr mit starkem Kopfschütteln aufgenommen
. Immer wieder persönliche Verdächtigungen statt sachlicher
xArgumente. Besonders trat die Verärgerung zutage, daß
das Medium des bekannten Ingenieurs Grunewald sich
ihm nicht zur Nachprüfung der physikalischen Erscheinungen
zur Verfügung gestellt hatte. Bekanntlich hat die
D. O G. in Berlin im vorigen Sommer eine diesbezügliche
Warnung erlassen, um wegen vorangegangener öffentlicher
Beschimpfungen von Forschern und Medien den Versuchspersonen
unliebsame Enttäuschungen zu ersparen. Und
diese Warnung scheint Früchte getragen zu haben, so daß
die so kräftig angekündigte Kommission Molls zur Enthüllung
aller Geheimnisse klägliches Fiasko erlitten hat.
Was aber brachte Moll vor ? Daß Grunewald und sein Medium
, Herr S., befreundet seien, zusammen wohnten und
sich sogar duzten! Darum also liegt nach seiner Ansicht
Betrug auf der einen und Urteilslosigkeit auf der anderen
Seite vcr! Den Haupttrumpf glauote Moll auszuspielen, indem
er auf die sich beschaffte Abschrift eines Schreibens
der geologischen Landesanstalt in Hannover an Dr. Aigner
Bezug nahm, derzufolge die beiden erbohrten Brunnen im
*) Der Ruf, in dem dieses judenfreundlich'e Blatt steht, dürfte manches
erklären. Red.
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