Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
49. Jahrgang.1922
Seite: 233
(PDF, 191 MB)
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Hätiig: Der gespenstige Leichenzug

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konnte sich noch genau auf alle Einzelheiten besinnen: der
Leichenwagen mit dem bekränzten Sarg wurde von vier
in Schwarz gekleideten Pferden gezogen, die von je einem
Träger in derselben Kleidung begleitet waren. Hinter dem
Sarge gingen Männer und Frauen, letztgenannte mit langen
schwarzen Schleiern, erstgenannte mit Zylindern auf dem
Kopfe. Zu hören war nur das Aufstampfen der vier Pferde,
während die ganze Erscheinung im übrigen lautlos an ihnen
vorüberglitt. Als der Zug endlich in der Richtung nach
Oyas verschwunden war, war das Pferd kaum zu halten
und langte schweißbedeckt im nächsten Dorfe an.

Die beiden behielten das Erlebnis lange Zeit für sich
nach dem Volksglauben, daß eine vorzeitige Mitteilung für
die betreffenden unheilbringend sein könnte. Ais sie später
dennoch davon sprachen, machte ihnen ein Geistlicher, der
es hörte, heftige Vorwürfe, daß sie so lange geschwiegen
hätten, und seitdem verbreitete sich der Bericht in der
ganzen Umgegend, wo er auch heute noch häufig anzutreffen
ist. Als der Gerichtsschreiber von Oyas davon erfuhr
, äußerte er, daß er darüber nicht verwundert sei, da
schon viele diese Erscheinung an derselben Stelle gehabt
hätten.

Es liegt in diesem Falle natürlich nahe, an eine Kollektivhalluzination
zu denken, die sich von beiden Personen auf
das Tier übertragen hätte. Darauf scheint die Tatsache hinzuweisen
, daß in dieser Gegend bereits vorher die Sage
von einem gespenstigen Leichenzuge vorhanden war, der
an einem Kreuzweg dieser Gegend alle hundert Jahre einmal
sichtbar sein sollte, es kommt dazu, daß auch die ganze
Oertlichkeit in dieser Gegend (weite Flächen mit Weiden
und Büschen) zu einer Sagenbildung im obigen Sinne sehr
geeignet erscheint. Die Halluzination konnte also auf Grund
einer Todesahnung um den schwerkranken Vater in Verbindung
mit jenen Faktoren entstanden sein. Dagegen
scheint nur das eine zu sprechen, daß die Erscheinung
merst von dem Tiere und nicht von den Menschen wahrgenommen
wurde. Daß eine Uebertragung von Menschen
auf Tiere möglich ist, scheint nach der Tatsache, daß auch
Tiere der Hypnose unterliegen*), nicht ausgeschlossen, und
es bleibt somit nur das erwähnte Bedenken bestehen, daß
wir in dem Tiere den Ausgangspunkt der Halluzination zu
sehen hätten.

Es kommt vorläufig für uns nur noch eine zweite Erklärung
in Betracht, die unter anderem auch Du Frei zur
Eiklärung solcher Erscheinungen herangezogen hat und

*) Diese Feststellung ist noch in hohem Maße strittig, wenn auch ein
«dem Hellsehen ähnlicher Vorgang bei Tieren kaum zweifelhaft ist. Red.


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