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v. Klinckowstroem: Indische Gauklerkünste.
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Das „Korbstechen" besteht im wesentlichen darin, daß
ein Kind in einen Korb gesteckt wird, worauf der Gaukler
den Korb von allen Seiten mit einem Degen durchsticht,
während das Kind im Korbe schreit und — in einigen Fällen
wird das berichtet — Blut aus dem Korbe fließt. Beim
Oeffnen des Korbes steigt das Kind entweder heil heraus,
oder der Korb ist leer und das Kind taucht plötzlich unter
den Zuschauern auf. Diese Einzelheiten wurden mir von
einem Bekannten, der das Kunststück in der Schweiz auf
einer Hotelterrasse hatte vorführen sehen, berichtet. Wie
die Peison aus dem geschlossenen Korbe unmittelbar unter
den Augen der mondänen Zuschauer hatte verschwinden
können, konnte er mir nicht erklären. Wahrscheinlich hatte
der Korb einen doppelten Boden, und der Inder, der sich
nachher als der angeblich aus dem geschlossenen Korbe
Verschwundene präsentierte, war eine dritte Person, die dem
im Koibc ähneke. Für den Europäer sehen sich ja alle Inder
mehr oder weniger ähnlich. Dies nebenbei.
Johann N i e u h o f36) sah das Korbexperiment in derselben
Form wie M e 11 o n (s. unten) auf seiner indischen Reise
(1655/b7 ) und bildet es nebst anderen Kunststücken chinesischer
Gaukler im Kupferstich ab. Im Dezember 1676 sah
der englisch-holländische Reisende Edward M e 11 o n17) zu
Batavia sowohl das Korbstechen wie das Seilexperiment von
einer chinesischen Gauklertruppe ausgeführt. Auf das letztgenannte
kommen wir nock zurück. Der Korb wurde voi7
dem einen Gaukler von allen Seiten durchstochen, der im
Kol be Eingeschlossene begann zu schreien, Blut drang allenthalben
aus dem Korb. Nach Oeffnung des Korbes kam der
Mann unverletzt wieder zum Vorschein. Sehr ähnlich ist
die Beschreibung, die Theodor Pavie in der „Revue des
deux mondes" 1840, Bd. III, S. 378 ff. veröffentlicht hat.
Pavie sah das Korbexperiment 1839 in Karli (zwischen
l a n d in der Unterhaltungsbeilage des „Berliner Lokal-Anzeigers"
(Kr. 69/70 vom 22. und 23. März 1907) kennt, in iden „Mitteilungen" der
genannten Gesellschaft, 1921, S. 192 ff., behandelt. Er teilt u. a. ein Gutachten
des Apothekers H. N i e m a n n mit, dessen Urteil in folgendem
Satze gipfelt: „Handelt es sich um eine Kombination von Enzym- und
Reizwirkungen, so wäre die Frucht (bzw. der Kern) zunächst ausgiebig
mit der Enzymlösung zu durchtränken. Die bei der Vorführung des Wunders
benutzte Flüssigkeit (NB. mit welcher der Kern vom Gaukler .begossen
wird) enthielte dann lediglich das Reizmittel."
*6) Joh. Nieuhof, Die Beschreibung der Gesandtschaft der Ost-
Indianischen Gesellschaft in den Vereinigten Niederlanden an den tarta-
rischen Chan . . . Amsterdam 1666. S. 263/264.
37) Edward Melton, Zeldzaame en gedonkwaardige Zee- en Land-
Reizen door Egypten, West-Indien, Perzien, Türkeyen, Oost-Indien . . .
(1660—1677), Amsterdam 1681, S. 468/469. Mit Kupfer von Luyken,
chinesische Gaukler darstellend.
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