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v. Klinckowstroem: Indische Gauklerkünste
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nicht gesehen hat. Sie erklärt es als eine Illusion. Dieser
Bericht der H. P. B. hatte nun eine Wirkung, die dazu
führte, die Frage nach der Tatsächlichkeit des Seilexperimentes
zu verwirren. Ein amerikanischer Journalist, der ±ich
S. Ellmore (seil more = lüge mehr) nannte, machte sich den
Spaß, im Herbst 1890 in der „Chicago Times" eine sehr
ausführliche Beschreibung des Seilexperimentes zu veröffentlichen
, das er selbst mit einem Freunde in Indien gesehen
habe. Der Freund, ein Maler, hätte die Vorführung skizziert
und ei selbst hätte eine Reihe photographischer Aufnahmen
gemacht. Die Platten hätten aber nichts von den merkwürdigen
Vorführungen, die die Zeichnungen des Malers festhielten
, sondern nur den lebhaft gestikulierenden Gaukler
und die Zaschauer gezeigt. Dieses Feuilleton machte anscheinend
die Runde durch die Tagespresse und wurde auch
von anderen Schriftstellern aufgegriffen, so von Julian
Pfawthorne (s. „Psych. Studien" 1891, S. 342 ff.). Die Sache
erregte begreifliches Aufsehen. Nun wandte sich Dr.
Richard Hodgson, der von der Society for Psychical
Research eigens nach Tndien entsandt worden war, um die
Yogikünste zu prüfen, und dort niemand getroffen hatte, det
das Seilexperiment je gesehen hätte, an die Schriftleitung
des amerikanischen Blattes, und da kam es denn an den
Tag, daß sich John E. Wilkie unter dem obengenannten
Pseudonym diese Mystifikation erlaubt hatte. Er selbst gab
das in der „Tribüne" vom*' 14. Dezember 1890 zu (s. a.
„Light" vom 30. Mai 1891 und Hodgson im „Journal of
the S. T. R.", V, 85 u. IX, 363). Seitdem schien die Sage
vom Seilexperiment genugsam aufgeklärt, und Alfred Lehmann19
) glaubt mit der Wiedergabe dieses Yankeebluffs
die ganze Sache als Erdichtung erledigt zu haben, ja sogar
Gustav M e y r i n k , ein genauer Kenner des Fakirismu5,
spricht sich über diese „bekannte dumme Geschichte1* in
demselben Sinne aus (im „März", Aprilheft 1907, S. 165).
Man hat sich dabei zunächst nicht die Frage vorgelegt,
woher denn die Blavatsky das Seilexperiment kannte.
Dieser Frage ist Karl Kiesewetter nachgegangen. Er
hat sich in den „Psychischen Studien" (1891, S. 419 ff.} bemüht
, die Quellen des Blavatskyberichtes aufzuspüren. Er
faßt die Geschichte als Wandersage auf und glaubt die
Elemente, aus denen sie sich zusammensetzt, in einer Stelle
bei Wieras (Johann Weyer) und in dem Widmann-Pfitzer-
sehen „Faustbuch" (Nürnberg 1695) gefunden zu haben.
Bei Wierus („De praestigüs daemonum", Ba^el 1583,
™) A. Lehmann, Aberglaube und Zauberei. 2. Aufl. Stuttgart
1908, S.354.
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