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v. Klinckowstroem: Indische Gauklerkünste.
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keine Spur von Nässe. Nun goß er den Inhalt wirklich aus
und trat zu uns, um das Gefäß zur Untersuchung unsere
Hände passieren zu lassen. Es war ein ganz gewöhnlicher
Topf, ohne irgendwelche verborgene Einrichtung. Auf sein
Geheiß füllte Ellis (der Direktor der Detektivtruppe von
Kalkutta, den v. Hesse-Wartegg um seine Begleitung gebeten
hatte) den Topf von neuem. Der Fakir drehte ihn um
— kein Tropfen Wasser lief heraus, und doch war der Topf
leer! Die Sache schien mir so unmöglich, daß ich das
Kunststückchen wiederholen ließ und den Topf selbst mit
Wasser füllte. Es gelang ihm abermals. War es Sinnestäuschung
unsererseits? Hatte der Fakir uns die Sache
suggeriert? Eine andere Erklärung war unmöglich, denn
der Fakir stand allein vor uns, und Arme und Oberkörper
waren nackt; irgendweiche geschickte Handgriffe schienen
also ausgeschlossen. Der Berichterstatter fügt hinzu, daß
er die Beschreibung ähnlicher Kunststücke auch in Gordon
Gummings Buch „In the Himalaya" (1895) gefunden
habe, abei ohne Erklärung des Tricks. So wie der Vorgang
geschildert ist, wäre es in der Tat schwer, eine andere Er-
kläiung zu finden ak die, die v. Hesse-Wartegg selbst
andeutet. Endlich sah v. Hesse-Wartegg beim Maharadscha
in Benares eine Vorführung, die an ähnliche Schilderungen
Jacolliots erinnert. Ein Fakir brachte auf der
offenen Veranda eine der dort stehenden blumengefüllten
Vaser durch blößen Wüten auf mehrere Meter Entfernung,
die Hände wie beschwörend vorgestreckt, zum Kippen, und
zwar bis zu einer Neigung von 45 Grad. Naturgemäß dachte
v. Hesse-Wartegg zunächst an einen vorbereiteten Trick
und bat den Yogin, dasselbe Experiment an einer der
anderen Vasen zu wiederholen, die er ihm bezeichnete. Das
Ergebnis war das gleiche. Eine plausible Erklärung dafür
findet der Berichterstatter nicht.
Für den Laien sind ja nun schon ganz gewöhnliche
Taschenspielertricks, wenn sie hinreichend gewandt ausgeführt
werden, oft ganz unerklärlich. Derartige sah
K. Hagemann (a. a. O. S. 459/60) von chinesischen
Taschen Spielern in der Vollendung ausgeführt. Hier steht
man auch vor einem Rätsel! Hagemann schildert die Vorführungen
sehr anschaulich, ohne sie erklären zu können,
obwohl kein Zweifel darüber bestehen kann, daß es sich
lediglich um Tricks handelt. Ein solcher Taschenspieler
legte in Hagemanns Hotelzimmer unmittelbar vor den Beobachter
ein ziemlich dickes Filztuch platt auf den Boden und
ging zunächst darauf herum. Dann faßte er es in der Mitte
an, hob es langsam und vorsichtig in die Höhe und deckte
eine große brennende Laterne auf. Ein anderer Taschen-
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