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Grunewald: Meine Meinung ü. d. Untersuchung, m. Einer Nielsen. 323
dieses Jahres in Christiania Kontrollseancen stattfinden
solltet: mit einem Komitee, das vom Rektor der dortigen
Universität unparteiisch gewählt würde.
Im Anschluß an diese Bekanntmachung beschäftigte bich
nun die norwegische Presse bald eingehend und fortgesetzt
mit dem Balle Nielsen. Er wurde zur großen Sensation gemacht
, so daß die Erwartung der Oeffentlichkeit in Dänemark
und Norwegen aufs höchste gestiegen war, als Herr
Nieken ti;nd ich am 25. Januar von hier nach Christiania
abreisten. „Politiken" ließ es sich nicht nehmen, mir eine
Verleumdung nachzusenden in Form einer Notiz, welche
besagte, daß ich im Verdacht stünde, Herrn Nielsen in
Christiania Helfersdienste bei seinen Betrügereien zu leisten,
die man ihm in dieser Zeitung schon immer nachgesagt hatte.
In Christiania wurden wir von einer Anzahl von Interviewern
empfangen, die uns zeigte, welch großes Interesse
man dort den bevorstehenden Untersuchungen entgegenbrachte
. Herr Nielsen und ich glaubten, daß nach der
Zeit, die für die Vorbereitungen zur Verfügung gestanden
hatte, die Seancen an der Universität sofort beginnen
würden. Statt dessen wurde uns mitgeteilt, daß die Untersuchungen
vorläufig nicht stattfinden könnten, da Professor
Torup, der Leiter des Universitätskomitees, krank geworden
wäre. Am zweiten Tage unseres Dortseins erschien außerdem
eine offizielle Erklärung des Komitees, daß nur solche
Personen an den Seancen teilnehmen könnten, die unbedingt
gegenwärtig sein müßten. Damit wurde das ganze
Komitee der Gesellschaft für psychische Forschung, die mich
eingeladen hatte, und ich selbst von der Teilnahme an den
Untersuchungen ausgeschlossen. Dieses Komitee, zu dem
ich gehören sollte, war ja bestimmt, mit dem Universitätskomitee
zusammenzuarbeiten, dem übrigens uur Kontrollfunktionen
zugedacht waren. Die Seancen kamen also zunächst
nicht zustande, und Professor Torup blieb krank.
Endlich in der dritten Woche unseres Aufenthaltes fand
die erste Seance auf der Universität statt, nachdem Herr
Professor Jäger fortgesetzt mit seinen Kollegen Verhandlungen
gehabt hatte, um sie zur Annahme der Versuchsbedingungen
zu bewegen, die er für notwendig hielt zum
Gelingen der Seancen. Diese erste Seance blieb völlig negativ
. Dies war für Sachverständige kein Wunder, da die
körperliche Voruntersuchung und die Behandlung des Mediums
wrährend der Sitzung ganz dazu angetan war, ein
Zustandekommen irgendwelcher Phänomene überhaupt auszuschließen
. Nach neuen Schwierigkeiten kam endlich eine
zweite Sitzung zustande. Ihr Resultat war auch wieder völlig
negativ. Kein „Teleplasma" wurde konstatiert. Herr Pro-
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