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368 Psychische Studien. XLIX. Jahrg. 7. Heft. .(Juli 1Q22.)
bat . . . Sie mögen hierüber so viel glauben, als Sie
wollen."
Es ist natürlich nicht möglich, sich bezüglich solcher
Aussagen ein abschließendes Urteil zu bilden.
* *
Lassen wii \orläufig die supranormale Seite des Falles
außer Betracht und überblicken diejenigen Umstände, welche
das Interesse der Psychologie beanspruchen.
F. C. S Schiller, der Referent der englischen Procee-
dings, sagt in dieser Beziehung treffend; 1. Wird es nicht
selbst den schwerfälligsten konventionellen Pedanten mit
Staunen erfüllen, zu sehen, wie wunderbar die Organisation
der Seele sein muß, wenn sie Veränderungen fähig ist, wie
es bei Doris Fischer der Fall war? Was kann phantastische!
und auch instruktiver sein, als das Kommen und Gehen
ihicr \erschienenen Personalitäten? Was kann diesen Tatsachen
gegenüber besser die Unzulänglichkeit des alten metaphysischen
Dogmas bloßlegen, daß die Seele eine einfache
und unteilbare geistige Substanz ist? Die Seele scheint zusammengesetzt
aus Strata (Schichten), welche sich in das
Subliminale ohne bemerkbare Grenzen erstrecken und fähig
sind, neue Schichtbildungen zu entwickeln oder alte zu vernichten
. Man wird in der Tat versucht — und Mediziner
finden diese Versuche unwiderstehlich - diese Sehicht-
bildungen mit der Struktur des Gehirns in Verbindung zu
bringen. Allein diese Versuche haben gewöhnlich Metaphern
in Argumenta verwandelt und führen leicht zur Vermengung
von Physischem mit Psychischem.
2. Noch mehr, die erstaunlichen Tatsachen sind geeignet,
sowohl die materialistische Lehre, als auch die alte Form
des Spiritualismus zu verurteilen. Die Organisation der Seele
wird mit physikalischen Analogien nicht richtig ausgedrückt.
Die sogenannten „Dissoziationen" sind nicht mechanische
Prozesse, selbst wenn sie durch körperliche Verletzungen
hervorgerufen sind. Auch sind sie nic]it völlig krankhaft.
In dem Falle Doris Fischer tritt klar hervor, daß sie
„teleologisch" sind - - schützende Einflüsse, um die
Bürde des Lebens zu erleichtern. Aber auch in den früheren
Fällen ist dies zu erkennen, wenn es auch die Aerzte nicht
selten verschleiert haben. In dem ältesten Falle - ^elida. X
— sieht man, daß die zweite Persönlichkeit eine große Verbesserung
der Lebensbedingungen der ersten war. Es ist
auch sehr wahrscheinlich, daß, wenn „Sally" in dem Falle
„lieauchamp" durch Dr. Morton Prince so sympathisch behandelt
worden wäre, wie „Margaret" durch Dr. Walter
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