http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1922/0383
Tartaruga: Die Telepathie im Dienste der Kriminalistik. 375
und dann seines Onkels ausquartiert wurde, um es vom
Spuk zu befreien. Aber nach einiger Zeit fing auch dort,
wie einwandfreie Zeugen erklären, der Spuk von neuem
an. Man hatte sogar gesehen, wie der Strohsack sich bewegte
, wie wenn darin ein Wesen sei, das Unfug triebe.
Die Eltern des Kindes erklären, schon seit Februar 1921
die leidige Sache erlebt zu haben. Sie hätten sie am liebsten
verheimlicht, und erst als das Kind in andere Häuser ge-
kommen sei, wäre sie bekannt geworden, und nun sei kein
Halten mehr. Die Lehrer erklären das Kind für normal,
gutartig, freundlich, kindlich, etwas schüchtern, auch
durchaus lenksam. Das Kind ist blutarm, wozu noch kommt,
daß es im Beginn der Entwicklungsjahre steht. P. Fleischhauer
hat den besten Eindruck von dem Kinde gehabt und
es als gut erzogen gefunden. (Wurzener Tageblatt.)
Die Telepathie im Dienste der Kriminalistik.
Von Regierungsrat U. Tartaruga (Oberpolizeirat).
Bevor ich zum eigentlichen Gegenstand übergehe, muß
ich einiges Begriffliches auseinandersetzen.
Das Bestreben, in das Gedankenfach eines anderen zu
blicken, ist eine uralte Erscheinung im menschlichen Kulturleben
. Die Frage, ob uns jemand freundlich oder feindlich
gesinnt sei, spielte in dem ältesten Zeiten, wo die brutale
Gewalt allein ausschlaggebend war, sogar eine Hauptrolle.
Was man einem Nebenmenschen weder mit roher Kraft noch
mit schlauer List «entreißen konnte, blieb verborgen, so daß
nur Götter und Dämonen, bzw. deren irdische Stellvertreter,
die Priester und Zauberer (Magier), zu helfen vermocheen.
So zieht sich denn durch die Geschichte der Wahrsagekunst
wie ein richtiger roter Faden die Aufgabe, die Gedanken
eines Mitmenschen entweder zu lesen oder zu beeinflussen.
Abergläubische Damen geben ja auch heute noch der Wahrsagerin
oft ganz bedeutende Summen, um zu erfahren, wie
ein bestimmter Herr denke. In der Regel ist man sogar
von den Auskünften hoch befriedigt, wie ehedem, and wir
wollen gern glauben, daß das Gedankenlesen im Laufe der
Jahrtausende Millionen von Mantikern gelungen ist, nur
sind die Ursachen des Zustandekommens sehr verschiedene
gewesen. Doch davon später. Hier seien zunächst bloß Berichte
aus früherer Zeit zusammengetragen, und da müssen
wir betonen, daß das Wort „Telepathie" nirgends vorkommt.
Auch ein ähnlicher technischer Ausdruck findet su»h nirgends
, es ist immer nur von der Aufgabe selbst die Rede.
Daß sich die „großen Magier" des Mittelalters mit dem
Problem vom Standpunkte der Wissenschaft befaßt haben..
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1922/0383