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Tartaruga: Die Telepathie im Dienste der Kriminalistik. 381
sagen präzise: „Bewegungsaufgaben"), sondern auch beim
anbefohlenen Erfühlen gedachter Ziffern und Zahlen.
Das ist ohne weiteres einzusehen, da die damals auftretenden
berühmten „Telepathen" auch bei diesen letztgemeinten
„Stellungsaufgaben" ohne Kontakt mit dem
Führer nichts vermochten.
Dennoch blieb ein unerklärter Rest von Fällen übrig. Es
fanden sich nämlich Leute, die ohne jede Berührung fremde
Gedanken bei Stellungsaufgaben erfühlen wollten und auch
tatsächlich erfühlten. Die „offiziellen" Gelehrten waren zwar
überzeugt, daß auch diese Fälle ganz natürlich, nämlich
materialistisch-mechanistisch zu erklären seien, doch kamen
sie nicht ohne weiteres auf den Grund der Sache. Da war
es nieder Prof. Dr. Alfred Lehmann, der die ersehnte Lösung
brachte. Er schreibt darüber in dem obenerwähnten Werke
auf Seite 386: Fragt man sich, ob die Telepathie sich nicht
mit Hilfe unserer Sinnesorgane erklären läßt, so spricht
manches dafür, daß die Gedanken geradezu durch den
Schall übertragen werden. Zunächst gelingen die Versuche
am besten, wenn der Absender den Empfänger hypnotisiert.
Denn bei Hypnotisierten sind die Sinne, namentlich das
Gehör, oft so geschärft, daß ganz schwache Laute, die dem
normalen Menschen entgehen, von ihnen aufgefangen werden
. Um dieses experimentell festzustellen, habe ich gemeinschaftlich
mit dem Arzt F. C. H. Hansen eine längere
Versuchsreihe angestellt. Um das beständige lästige Hypnotisieren
zu vermeiden, wandte ich Hohlspiegel an. Werden
zwei große Hohlspiegel so aufgestellt, daß die Achsen in
ihrer gegenseitigen Verlängerung liegen, so wird ein ieder
Laut, der von dem Brennpunkte des einen Spiegels ausgeht
, in dem des anderen gesammelt. Befindet sich der Mund
des Absenders und das Ohr des Empfängers in den beiden
Brennpunkten, so wird der Empfänger jeden Laut leichter
und deutlicher auffangen, als wenn er das Ohr am Munde
des Absenders hätte. Auf solche Weise wird das Ohr ähnlich
wie in der Hypnose geschärft ... Es zeigte sich nun
bald, daß der Absender nur mit der größten Anstrengung
schwache Sprechbewegungen unterdrücken konnte, wenn er
eine Zeitlang an eine Zahl gedacht hatte. Er konnte den
Mund feslgeschlossen halten und anscheinend nicht den
geringsten Laue von sich geben, aber wenn er nicht die Bewegungen
der Zunge und der Stimmbänder mit alkr Gewalt
hemmte, so hörte der Empfänger in dem Brennpunkte
Jreines Hohlspiegels ein schwaches Flüstern, das leicht als
diese oder jene Zahl zu deuten war. Natürlich verhörte man
sich auch oft, aber das Resultat war doch in 33 Prozent
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