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Grunewald: Die Untersuchungen der Materialisationsphänomene. 411
tersuchungen so gern mit dem Hinweis auf den Spiritismus
diskreditieren möchten, genau über den Sachverhalt orientiert
werden. Es ist, um es nochmals besonders zu betonen, das
Auftreten von weißen, gewöhnlich schleierartigen Stoffmassen
gewesen, das bisher auf Graabrödre Torv untersucht
worden ist.
Ich habe vorhin gesagt, daß der Eindruck, den ich
von der ersten Laboratoriumssitzung mit Herrn Nielsen
bekommen habe, kein besonders überzeugender gewesen
ist. Noch fataler, möchte ich sagen, war der Eindruck,
den für mich die zweite Seance hinterließ. Ebensowenig
war die dritte Seance geeignet, mir ein günstigeres Urteil
über die Eignungen von Herrn Nielsen zu verschaffen.
Ich reiste nach dieser Sitzung auf vierzehn Tage nach
Deutschland zurück und verbrachte dort die Zeit mit sehr
gemischten Gefühlen, denn nach dem bisherigen Verlauf
der Untersuchungen auf Graabrödre Torv war ein Anlaß
zur Hoffnung auf spätere gute Ergebnisse nicht vorhanden.
Vor allem mußte ich es bedauern, daß Herr Nielsen bis
jetzt nie sich dazu bereit gefunden hatte, sich vor einer
Seance einer genauen körperlichen Untersuchung zu unterziehen
.
Nach meiner Rückkehr aus Berlin, mit der vierten
Laboratoriumssitzung, änderte sich das Bild wesentlich.
Herr Nielsen hatte sich endlich zum ersten Male körperlich
untersuchen lassen, wobei er bis zur vollständigen Nacktheit
entkleidet wurde. Es wurde damals nichts Verdächtiges
in seinen Kleidungsstücken und an seinem Körper gefunden.
In der Sitzung wurden trotzdem wieder Bildungen von weißlichen
Massen in Verbindung mit dem Kopf des Herrn
Nielsen beobachtet. Von besonderer Bedeutung war auch
der Umstand, daß mit dieser vierten Sitzung die Zusammen
setzung des Teilnehmerkreises sich geändert hatte, derart,
daß jetzt erst die Bedingungen für ein Arbeiten in wissenschaftlichem
Sinne nach und nach erfüllt werden konnten.
In der folgenden Sitzung kamen wir wieder einen
Schritt weiter. Es durften sich jetzt zwei Kontrolleure *)
zu beiden Seiten des Mediums im Kabinett aufstellen und
das Medium an den Händen kontrollieren. Zur Gewinnung
eines subjektiven Urteils über den spezifisch mediumistischen
Charakter der zu beobachtenden Phänomene war dieser
Umstand sehr wertvoll. Ich bekam jetzt eine sichere Ueber-
*) Prof. Winther und der Vortragende, die beide Gelegerheit fanden,
die aus dem Mund hängenden Stoffmassen zu befühlen. Letztere fühlten
sich einmal feucht, kalt, schleimig, schlüpfrig an, ein andres Mal trocken,
wie feine Seidengaze.
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