http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1922/0454
*
442 Psychische Studien. XLIX. Jahrg. 8. Heft. (August 1922.)
sches Ding ist nach Haas z. B.: „Der Schmerz über die
verächtliche Gesinnung eines Menschen" oder „Die spannende
Ei Wartung einer angenehmen Nachricht" oder „die
schwärmerische Hingebung an ein unpersönliches, gedachtes
Göttliche, welches als im Innersten verwandt empfunden
wird." Und zwar hat das psychische Ding diese Eigenschaften
ständig, es existiert das Gefühl auch, wenn es
nicht gefühlt wird, gleiches gilt vom Gedanken und Eindruckswert
.
Diese psychische Dingwelt wird aber dadurch noch
viel reicher, daß es außerdem noch das Psyv:hische anderer
Individuen gibt, geistige Zeitströmungen usw. Man wird
daran erinnert, daß auf diese Weise vielleicht Licht fallen
könnte auf die sogenannten psychischen Infektionen und
ähnliche Erscheinungen. Ein Teil dieser psychischen Dingwelt
steht nun in besonders engem Zusammenhang mit dem
Ich, es wird wirklich in den psychischen Bestand des Ighs
aufgenommen, es wird „psychisiert". Man kennt vielleicht
gewisse Ideen schon lange, aber erst in einem bestimmten
Moment ergreift man sie wirklich, man macht diese Idee
auch zu der seinigen und verleibt sie im engeren Sinne
seinem Ich ein. —
Auf die Gesetze der Psychisierung einzugehen würde
hier zu weit führen, es ließe sich ein Verständnis ohne
sehr ausführliche Darlegungen kaum erreichen, da die Wege '
zu neu sind und deshalb viele Voraussetzungen fehlen, die das
Buch erst entwickeln muß. Weitere Kapitel führen den
Gedanken noch weiter aus, indem über die verschiedenen
Beziehungen gehandelt wird, in denen die objektive Welt
zu dem Psychischen stehen kann; Haas unterscheidet dabei
verschiedene „Korrelationen" usw. Auch in dieser Beziehung
muß ich auf das Buch selbst verweisen.
Ungelöst bleibt bis jetzt die Frage vom Verhältnis des
Psychischen und Physischen zum Ich und die Frage nach
dem Zusammenhang des Physischen und Psychischen trotz
ihrer absoluten Verschiedenheit, die Haas zum Schluß ausdrücklich
nochmals betont. Diese Fragen sollen in einem
weiteren Band behandelt werden.
Es ist gerade diesem Buch gegenüber schwer Stellung
zu nehmen, nicht als ob es besonders schwer verständlich
wäre, im Gegenteil, es ist leicht verständlich und ohne
jenen Tiefsinn vortäuschenden philosophischen Jargon geschrieben
, der sonst vielfach üblich ist. Aber der Stand*
punkt ist ein so ungewöhnlicher, dem üblichen entgegengesetzter
, in den man sich nicht nur hinein d e n k) e> n sondern
hineinleben muß, und das ist so schnell nicht getan.
Jedenfalls ist es ein sehr beachtenswerter Versuch, in der
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1922/0454