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Vom Büchertisch.
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Geyser. Dr. JosM Intellekt oder Gemüt? Eine philosophische
Studie über Ottos Buch „Das Heilige*'. 50 S. Freiburg i. Br. 1921.
Herdei & Co. Preis 16 M.
In vorliegender Arbeit setzt sich O. mit Ottos bekanntem und interessantem
Buch „Das Heilige" auseinander. In leichtverständlicher konzilianter
Form geht er auf dessen wichtigste Aufstellungen und zeigt ihre
Schwächen auf. Ich möchte sein Büchlein jedem Leser von Ottos Buch
warm empfehlen. Ein paar Wünsche für eine eventuelle Neuauflage des*
selben seien mir gestattet. Vielleicht konnten psychologische Ausführungen
wie z. B. S. 27, ästhetische (S. 41), logische über die Evidenz
(S. 45) im Interesse der weniger geschulten Leser breiter gefaßt werden.
Vielleicht könnte auch der Satz modifiziert werden (S. 10): „Ein adäquates
Erkennen Gottes wäre nur auf dem Wege unmittelbaren Schauens
möglich." Die Gründe dafür liegen ja nahe. Espenberger.
Adelmann - Huttula, Yoga-Katechismus des Patanjali.
J. Baum Verlag.
In drei Büchern: „Konzentration und Meditation", „Arya-Märga, der
Pfad der Seherschaft" und „Yoga Katechismus des Patanjali" versucht
W. Adelmann-Huttula Wege zu der Entfaltung hoher Gedanken kräfte
zu geben.
Es ist zu bedauern, daß diese drei Werke bei so viel gutem Willen
so wenig Positives geben. Nur in dem Yoga Katechismus Patanjalis
hat der Verfasser gute Arbeit geleistet, was hier verfehlt ist, mag an
an der englischen Arbeit von Judge liegen, die mir nicht bekannt ist
judge, ein Schüler des in Indien allbekannten Morya, war einer der
besten Kenner des Raja Yoga, ihm ist nie der Fehler unterlaufen, Raja
Yoga als einen höher entwickelten Buddhismus zu bezeichnen, wie es
viele Sanskritologen tun. Wenn z. B. Prof. Beckh in seinem Werke „Der
Buddhismus" (Sammlung Göschen) den Buddhismus als eine volkstümliche
Form des Raja Yoga bezeichnet, so verwechselt er die Ueber*
windungslehre des Lebens mit der Lehre höherer Erkenntnisse. Gewiß
ist Buddha ein großer Yogin gewesen, aber es ist damit nicht gesagt,
daß ein Buddhist auch ein Yogin sein muß.
Genau denselben Fehler in umgekehrter Richtung — und auf anderer
Bahn — macht Deußen, wenn er in seinem Vorwort zu den „Sechzig
Upanishads der Veda" beweisen will: „Menschengeist beweist Gottesgeist
". Ein Wort beweist notwendigerweise noch kein Denken, oder
nach den Worten Deußens, ein Tropfen noch keine Quelle, das Wort
kann unbewußt, der Tropfen aus den Wolken gekommen sein.
So irrt auch der Verfasser unseres Buches, wenn er Medium als
extrem negativ Yoga Okkultist als extrem positiv analysiert. Einmal
ist ein Yogin kein ^Okkultist, er sieht nicht das Verborgene, sondern
er „erlebt" es, es nimmt ihn ganz gefangen, und er geht wie derGnosti-
ker in seiner höchsten Verzückung tatenlos also negativ, durch Raja
Yoga zu den letzten Erkenntnissen. Während im Hatha Yoga noch eine
Tätigkeit, die Atemtätigkeit, bleibt, wird im höchsten Yoga auch diese
angehalten, hier tritt der Zustand ein, in dem der Yogin äußerlich
einem Toten ähnlich ist.
Wenn ferner (S. 23) der Verfasser schreibt, daß die Uebungen des
Hatha Yoga von allen Philosophen abgelehnt werden, so irrt er; der
niedere Yoga ist unbedingte Voraussetzung zum Raja Yoga, mit
Recht deshalb letzterer der königliche Yoga genannt. So ließe sich
aus den eigenen Gedanken des Verfassers manches widerlegen.
Der Katechismus des Inders selbst ist ohne eigentliche Lehre unverständlich
, man könnte Patanjalis Buch besser als „Anmerkungen" betrachten
. Es müssen deshalb Einwände erhoben werden, ob diese persönlichen
„Anmerkungen" dem Abendländer so verständlich sind, wie
sie gemeint sind und wie sie der Inder verstehen kann. In einem Lehr-
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