Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
49. Jahrgang.1922
Seite: 459
(PDF, 191 MB)
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Kunert: Astrologie-Prozesse in München.

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Artikel 54.

1. Wer gegen Lohn oder zur Erreichung eines sonstigen
Vorteils sich mit angeblichen Zaubereien oder Geisterbeschwörungen
, mit Wahrsagen, Kartenschlagen,
Schatzgraben, Zeichen- und Traumdeuten oder anderen
dergleichen Gaukeleien abgibt, wird an Geld bis zu
150 Mark oder mit Haft bestraft.

2. Außerdem kann auf die Einziehung der zur Verübimg
solcher Uebertretungen bestimmten besonderen
Werkzeuge, Anzüge und Gerätschaften erkannt werden,
ohne Unterschied, ob sie dem Verurteilten gehören oder
nicht.

Unter Gaukelei fallen insbesondere auf Täuschung
und U ebervorteilung abergläubischer und leichtgläubiger
Personen berechnete Handlungen, so Wahrsagen gegen
Lohn oder zur Erreichung eines sonstigen Vorteils, wobei
lediglich die Absicht, nicht der Erfolg für die Straffällig-
keit entscheidet.

Hier liegt wohl ein Irrtum der richterlichen Instanzen
vor, denn wir wissen: Es gibt ein Vorhersagen der
Zukunft. — Aber das Gericht beruft sich auf die Wissenschaft
, d. h. wohl auf diejenige Wissenschaft, welche Geltung
hat und auf den Universitäten gelehrt wird — denn
Schopenhauers Abhandlungen über diese Fragen in Pa-
rerga imd Paralipomena sind auch Wissenschaft — und iene
Wissenschaft gibt eine solche Möglichkeit so wenig zu wie
telekinetische Kraft oder andere Phänomene, welche ebenso
wieder auch von einzelnen Vertretern der Wissenschaft bezeugt
werden.

Aber kann man innerhalb eines Prozesses, kann man
überhaupt vor einem Gericht, das möglicherweise aus sehr
tüchtigen Juristen, aber doch aus philosophisch und naturwissenschaftlich
sehr wenig geschulten Menschen, vor allem
nicht aus vorurteilsfreien Forschern besteht, eine These
von so großer Bedeutung aufstellen, begründen und ihre
Anerkennung erkämpfen wollen? Kann man bei Richtern
der zweiten oder dritten Instanz für solche kompliziertesten
Fragen Verständnis finden? Ich glaube es nicht, und man
wird mir zustimmen.

Es ist nicht Aufgabe der Richter, über philosophische
Thesen zu Gericht zu sitzen, neue Wahrheiten zu proklamieren
, auch nicht gegebene Paragraphen des Gesetzes zu
stürzen. Ich bin kein Jurist, aber ich glaube, auch das
Oberlandesgericht kann es nicht. In beiden Instanzen haben
sich denn auch Staatsanwalt und Gericht dagegen verwahrt
, zu beurteilen, ob Astrologie Wissenschaft sei, hätten
sich auch wohl verwahrt, wenn das Grundproblem aufge-

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