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Kunert: Astrologie-Prozesse in Müncften. 461
die These: „Es gibt kein Vorhersagen der Zukunft" vom
Oberlandesgericht widerrufen wird — muß die Zukunft lehren
Es ist unmöglich, innerhalb des Rahmens dieses kurzen
Berichtes zu untersuchen, ob Astrologie eine Wissenschaft
ist, ob das Stellen von Horoskopen berechtigt ist, und ob
man nicht einerseits die Theorien und andererseits die Resultate
der Astrologie gesondert prüfen müßte. Es ist ein
schwieriges Gebiet, dessen Klärung ganz unabhängig von
Prozessen kommen wird.
Unhaltbar und unrichtig sind aber — nicht nur nach
meiner Meinung — alle diesbezüglichen Urteile, nicht wegen
dieser Frage, sondern infolge der falschen Voraussetzung,
auf welcher das Bayer. Oberlandesgericht seine Urteile
gründet und sich dabei auf die Wissenschaft beruft: .,Es
gibt kein Vorhersagen der Zukunft. Jede Wahrsagung ist
Täuschung, Betrug."
Vei urteilen kann das Gericht nur, weil Grimm Geld für
seine Arbeiten genommen hat, wie es aus demselben Grunde
auch nur Medien und Hellseher verurteilen kann.
Wer heute die große Literatur über Prophetie, Hellsehen
usw., besonders die sorgfältigen Arbeiten von Dr. Kemmerich
, Dr. Bormann, die Arbeiten über Nostradanr.is, die
Werke von Du Prel, Kiesewetter, Blum, Per'cy, sowie die
vielen gut beglaubigten Berichte der Soc. f. Ps. Res. und
jene in den Fachzeitschriften kennt, wer selbst in dieser
Richtung geforscht und experimentiert hat, der muß erstaunt
und betroffen sein, daß die offizielle Wissenschaft und mit
ihr die Judikatur der obersten Gerichte daran achtlos vorbeigehen
kann. Diese Prozesse und der Hinweis auf die angeführten
Entscheidungen sind für die Forschung und die
wahre Wissenschaft von prinzipiellem Interesse, denn es ist
nicht wahr, daß es keine Voraussagung der Zukunft gibt,
und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die falschen Voraussetzungen
fallen, nach denen die Gerichte heute oft Menschen
als Betrüger verurteilen, die unschuldig sind.
Anm. der Schriftleitung. Wir sind dem Verf.
für seine uns in hohem Maße angehenden Mitteilungen
sehr dankbar. Zur Sache selbst stehen wir auf dem Standpunkt
, daß es eine echte Prophetie gibt, und daß eine Beeinflussung
des Individuums durch die Konstellationen bei
seiner Geburt angedeutet ist. (Vgl. die Arbeiten von Dr. med.
F. Schwab.) Was Herrn Grimm betrifft, so machen seine
Uranus - Bücher zwar nicht den Eindruck, als ob sie von einem
besonnenen Wissenschaftler herrühtren. Sein Bestreben, grundsätzlich
Klarheit in die Fragen der Astrologie zubringen verdient
, wie ich auch in meinem Buch „Mysterien von Sonne
und Seele" begründe, unsere Unterstützung. Kr,
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