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462 Psychische Studien. XL1X. Jahrg. 9. Heft. (September 1922.)
Zur Kritik des Hellsehens.
Von Prof. Dr. Adolf Claus, Königsberg.
Am 8. Juni 1904 hielt der bekannte englische Hellseher
Alfred Voot Peters in einer größeren Stadt Norddeutschlands
eine Sitzung ab in Gegenwart von etwa 20 Personen
, unter denen sich auch der Berichterstatter befand.
Er beschrieb dabei, indem er sich teilweise von den einzelnen
Anwesenden kleine Gegenstände reichen ließ und sie
in der Hand hielt, der Reihe nach eine Anzahl von Geistwesen
, die er zu sehen angab, darunter als achtes einen
angeblich neben dem Verfasser und seiner Frau stehenden
und zu ihm gehörenden Geist, und zwar mit folgenden
Worten, welche eine anwesende Dame aus dem Englischen
ins Deutsche übersetzt hatte: Dort steht ein Geist, neben
Ihnen, in Gestalt eines Mannes, ziemlich groß, breitschultrig,
mit hellen Augen. Es ist ein Mann von 60—65 Jahren.
Das Haupthaar ist sehr dünn geworden, die Augen groß
und hell, die Nase ist lang und ziemlich breit, die Lippen
ziemlich voll, die Oberlippe mit Schnurbart, der ziemlich
dick ist. Was er tun wollte, tat er ganz. Er war sehr aufrichtig
, pünktlich und sehr geschäftig. Er war ein guter
Mann, aber er beunruhigte sich nicht über spirituelle Fragen
und ist ziemlich erstaunt darüber, daß er auf die Erde
zurückkommen kann. Ehe er starb, starb jemand anders,
dessen Tod ihm viel Kummer verursachte. Er ist vereint
mit der Person, die er liebte.
Erläuternd zu diesen Angaben sei bemerkt, daß der
erste Teil, die Beschreibung des Aeußern, wohl direkt auf
das Hellgesicht des Sehers zurückzuführen ist, während
der zweite Teil, die Charakterschilderung und die Angabc
der angeblich den Geist bewegenden Gedanken, wohl auf die
Einflüsterungen des Geistwesens selbst oder des geistigen
Führers des Mediums werden zurückgeführt werden müssen.
Ungefähr ein Jahr später, am 30. Mai 1905 fand dann
in denselben Räumen (Wohnung des H?rrn Br. in Stettin)
eine Sitzung mit dem deutschen Hellseher Petzold, Mag-
netiseur in Bielefeld, statt, welcher nach einer Trancerede
gleichfalls zur Beschreibung anwesender Geistfreunde überging
. Derselbe schilderte u. A. einen solchen, wiederum
als zu dem Berichterstatter gehörig, mit folgenden (stenographisch
festgehaltenen) Worten: Ich sehe einen geistigen
Freund, übermittelgxoß, kräftig, im Alter von 60 bis
64 Jahren. Das Gesicht ist voll und lund, das Haar ist
blond, trotz des Alters gut erhalten, aber auf dem Kopfe
spärlich. Der Kopf hat beinahe eine Piatte, der Schnurr-
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