Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
49. Jahrgang.1922
Seite: 527
(PDF, 191 MB)
Bibliographische Information
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Telve: Eigene Erlebnisse okkulter Art. 627

Zuvor sei erwähnt, daß ich alles, was ich hier erzähle,
persönlich, erlebte und für die Wahrheit bürge; daß ich
selbst weder Spiritistin bin, noch okkulte Studien betrieben
habe und nur zweimal in einer Art spielerischer Neugier
die Stärke meiner Willenskraft, resp. meiner medialen Fähigkeiten
zu erproben suchte. Doch davon später.

Ich glaube, daß die unselige Gabe des Somnambulismus
\eierbt werden kann, wie diverse andere Eigenschaften und
Krankheiten. Bezüglich meiner Person schließe ich auf
eine heredäre Belastung von Seiten meiner Mutter. Ich
entsinne mich sehr gut ihrer Aufregungszustände,
wenn sie des Nachts von einem offenen Grabe, an welchem
sie einen Kranz niederlegte, geträumt hatte. In der Regel
traf noch am selben Tage die Todesnachricht eines Verwandten
oder unserer Familie nahestehenden Freundes ein.

Als Kind machte ich mir nicht viel Gedanken über diese
sonderbaren Zufälle, bis ich durch ein seltsames Vorkommnis
aus meiner Gleichgültigkeit gerüttelt wurde.

Im Juni 1900 weilte ich mit meiner Mutter zu kurzem
Aufenthalt in Venedig. Sobald ich an dem Koloß des Markusturmes
vorbeiging, konnte ich mich einer unbegreiflichen
Angst nicht erwehren, Ob die Sonne südlich sieghaft den feenhaften
Platz überstrahlte, ob er am Abend bunte internationale
Genußfreudigkeit ausströmte, nichts vermochte dieses Gefühl
zu bannen. Immer kehrten meine Augen voll innerlichen
Grauens zur engelgeschniückten Spitze des Turmes zurück;
mir war, als neige sie sich und die Trümmer des steinernen
Riesen wurden in der nächsten Sekunde die ganze Herrlichkeit
begraben . ..

Wir verließen Venedig. Ein Jahr darauf erwachte ich
eines Morgens unter dem beklemmenden Eindruck eines
außergewöhnlich intensiv nachwirkenden Traumes. Etwas
in mir sträubte sich, davon zu sprechen, aber der Justament-
Standpunkt behielt die Oberhand. Im Laufe der Frühstunden
erzählte ich ihn meiner Mutter: Ich war wieder in Venedig
gewesen, aber d|er wunderbare Platz hatte sich verändert,
eine schauerliche fremde Leere lag über ihm — und der
Campanile fehlte. Meine Mutter lachte. — Alltäglich zur
Mittagszeit brachte der Postbote die „Bohemia". Wir saßen
gerade bei Tisch. Ich riß die braune Schleife herab und
erbleichte. „Was ist dir?" fragte meine Mutter. „Der
Markusturm ist eingestürzt," antwortete ich.

Mein Vater, der unerwartet an Gehirnschlag starb,
erhob sich in der Nacht vor seinem Heimgang, irat an das
Fenster und fragte, was die vielen vor dem Hause stehenden
Leute wollten. Vier Tage später erwies sich die Gasse fast
zu eng für die versammelte Menge, die gekommen war, ihn


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