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540 Psychische Studien. XLIX. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1922.)
heiratung müssen sie, vom 1. 12. 21 an gerechnet, in weit
stärkerem Maße aufgetreten sein, so daß sie sogar die
photographische Platte zu beeinflussen vermochten, lim
gleich bei diesen interessanten Phänomenen stehen zu bleiben,
so erschienen auf Photographien, die von ihr, ihrem Bruder
und dessen Frau angefertigt wurden, Köpfe, und einmal
sogar ein Mann hinter ihr. Das merkwürdigste ist, daß
nach ihrer Aussage auf der Photographie ihres Onkels ein
Kopf mit einem ganz anderen Gesicht erschien, aber erst,
nachdem dieser gestorben war. Man weiß ja, daß mediumi
stische Fälligkeiten nicht auf einzelne beschränkt, sondern
in ganzen Familien vererbbar sind. Von äußeren Erscheinungen
seien noch die Zuckungen erwähnt, die sich einstellen
, wenn sie und ihre Schwägerin sich (die Hände
reichten. So unterhielten sich beide, als ihre Schwester
gestorben war — plötzlich stellten sich jene Zuckungen
auch am Munde und in den Augen der Schwägerin ein,
als ob eine fremde Person von ihr Besitz ergriffen hätte
und sich durch sie äußern wolle.
Wie die Somnambule Kerners hat auch unsere Seherin
Geistererscheinungen, die sich von der Wahrnehmung einzelner
Teile bis zu völligen Gestalten steigern können. Ist
sie niedergeschlagen, so erblickt sie im Zimmer eine dunkelblaue
Flamme, was regelmäßig eine weitgehende Beruhigung
bei ihr hervorruft. Einst saß sie am Bette ihres
kranken Schwiegervaters und sah jene blaue Flamme auf
sie zukommen und sie begrüßen, darauf ging jene Erscheinung
auf den Schwiegervater zu und verließ dann das
Zimmer. Vor ihrer Verheiratung verkehrte sie mit einer
Seherin, die sie einst bat, eine Nacht bei ihr zu schlafen.
In der Nacht hörte sie diese nun sprechen, so daß sie sich
aufrichtete: vor ihrem Bette stand eine Gestalt mit jener
blauen Flamme, die sie wie ein Diadem umleuchtete; es
war nach ihrer Angabe die Schwester gewesen, die für sie
als Führerin bestimmt war und große Sorge um sie hatte.
Was die Beschreibung ganzer Gestalten betrifft, so stimmt
sie darin völlig mit der Seherin von Prevorst überein, von der
sie übrigens niemals etwas gelesen hat: es waren Nebelgestalten
, teils hell, teils dunkel, manche schwarz und mit
schwarzem, grinsendem Gesicht. Eine solche Erscheinung
hatte sie schon im 21. Lebensjahr, worauf sie sich sehr
elend fühlte, und noch im Jahre 1904 sah sie sich im Krankenhause
von vielen dunklen Gestalten umgeben, als sie an
einem Kopfübel litt und sich die Krankheit verschlimmerte.
der orientalischen Völker an die Unreinheit des Geschlechtsverkehrs,
Die Erfahrung: der Mystik, Das Coelibat der kath. Kirche, Die Enthaltsamkeit
der Yoffhis u. a.
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