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570 Psychische Studien. XLIX. Jahrg. 11. Heft. (November 1922.)
Das sympathische Nervensystem.
Von Dr. med. F. Schwab (Berlin).
(Schluß.)
Der praktische Okkultist (im Sinne eines niederen Yogi-
gewinnt durch eine gewisse Willens- und Gefühlsschulung
einen bedeutenden Einfluß auf den Sympathicus, dadurch
auch auf die innere Sekretion. Er gewinnt dadurch Macht
über regenerative Vorgänge. So würde z. B. die Wirkung
auf die Keimdrüsen eine Beherrschung der verjüngenden
Kräfte bedeuten; der Betreffende könnte dasjenige auf natürlichem
Wege erringen, was S t e i n a c h durch eine Operation
erreichen will. Eine Wirkung auf die Hypophysis und auf
die Schilddrüse ist unter Praktikern sehr bekannt und wird
durch eine gewisse Atemrhythmik mit bestimmten Vorstellungskomplexen
erreicht. Dies bewirkt eine weitgehende
Kontrolle über die Gesundheit, über Regenerationsvorgänge
und anderes. So wirkt der Mystiker nach und nach auf alle
Organe ein.
Es sind dies aber nicht physiologische Vorgänge allein,
die sich da abspielen, sondern zugleich osychischokkulte;
sie begleiten die Entwicklung okkulter Fähigkeiten. Ich
gebrauche für die Vorgänge beim Mystiker den Ausdruck
Subordination.
Gewisse Komplexe des Gedanken- und Empfindungslebens
(und damit auch des Körperlebens) werden der Reihe
nach subordiniert, d. h. ins Unterbewußtsein hinabgestoßen
(z. B. Zorn, Neid, seelischer Schmerz; zuletzt auch Organempfinden
, sogar das persönliche Ichgefühl). Dafür werden
andere wertvollere Inhalte aus dem Unterbewußtsein heraufgezogen
.
Dies ist der Gang der mystischen Entwicklung bis zur
sogenannten Einweihung.
Zu den heraufzuhebenden Inhalten gehört z. B. so
etwas wie der „Madonnenkomp]ex", hinter dem aber etwas
ganz anderes steht; das obige Wort ist nur eine Verkleidung;
die Madonneninhalte dürfen nicht sexualpathologisch, sondern
nur parapsychologisch erfaßt werden. Die Inder kannten
diese Verhältnisse, sie sind m ihrer Yogalehre niedergelegt
. Auch den Zusammenhang all dieses mit dem Sympathikus
kannten sie. Sie schildern eine Kraft, die zu
beiden Seiten des Rückenmarks verborgen liege, von dort
heraufgezogen werden müsse, und nannten sie das Kunda-
lini- Chakti oder das heilige Feuer, das beim Yogi entstehen
müsse; das Feuer, das in diesen beiden „Schlangen"
aufsteige, solle im: Laufe der okkulten Schulung durch die
Mitte (durch Sushumnä) geleitet werden.
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