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Schwab: Das sympathische Nervensystem. 573
scher Tod" ist Untergang des alten und Erwachen eines
neuen Menschen,) Der Mensch soll diesen Weltallanschluß
auch im Wachen, suchen; er soll in Stille und Einsamkeit
dem „tonlosen Ton" oder der „Stimme der Stille" lauschen.
Im Gebet sieht Schleich nur eine Ausdrucksform
dieses Suchens. Er kommt natürlich damit zur Behandlung
des Gottesbegriffs.
Maßler schreibt S. 66/67:
„Der einsamen, großen, schweigenden Natur soll er
sich hingeben mit ganzem Herzen — allein, oder nur in vertrauter
Menschenverbundenheit. In solchen Feierstunden
rauschen die alles tragenden ewig flutenden Aetherwellen
hinein in sein Gemüt. Das Sonnengeflecht nimmt sie auf
mit Geisterhänden und wirft ihre schäumenden Wogen
hinauf an die harten Schädelfelsen und fragt und fragt:
Wann wirst du mich hören, wann endlich willst du mich
verstehen? — Warum können oft schon wenige Stunden
im Waldesdom, auf Bergeshöhen, an Meeresgestaden, in
weltentrückter Stille uns so wundersam heilen, milder, freundlicher
, friedvoller wie mit Zauberhänden uns schaffen? —
Weil das Herz sich weitet vom kosmischen Strom der Luft,
der durch die Aeolsharfe des Sympathikus singt und klingt
und in der Stille solcher Stunden von uns, wenn auch
unbewußt, gefühlt und empfunden wird."
Soweit Schleich und Maßler.
Das Gebet kann man aber (als Mantram) noch viel
tiefer erfassen, als S c h 1 e i c h, der sich darin noch unbewußt
an Trine-Mulfort, Braun und die „New mental science"
anschließt. Man kann es tiefer erfassen durch die Mystik,
wie ich vorhin angedeutet habe.
Nach Staudenmayer leben in unserm Unterbewußtsein
besonders abgegrenzte Ideenkomplexe als abspaltbare
Persönlichkeiten. Vor diesen Abspaltungen, die zu Dämonomanien
und Irrsinn führen können, schützt den Menschen
keine Logik und kein Verstand oder Kompromiß, wie es
Staudenmayer versucht, sondern nur eine Zentralisierung
der Gefühle nach einem höheren formlosen Ideal, wie es
die Religion, oder noch besser, die Mystik will.
Die Entwicklung unserer gegenwärtigen Vorderhirnmentalität
führt aber zum Gegenteil, zur Dezentralisation, und wir
müssen, wenn nicht eine schleunige Winkelabbiegung unsrer
augenblicklichen Entwicklungsrichtung stattfindet, eine Zeit
durchleben, wo alle Menschen Schizophreniker und Para-
noiker sind. (Siehe oben.) Der Mensch wird notgedrungen
das Gebet wieder zu Hilfe nehmen müssen, um die „fremden
Geister" wieder los zu werden.
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