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614 Psydiische Studien. XLIX. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1922.)
rotglühenden Kohle nicht verbrannt wurden: gelegentlich
kamen — wie auch hier auf Rarotonga — Mißerfolge vor;
ein Geistlicher aus Lang's Bekanntenkreis bekam eine starke
Brandblase, als er eine rotglühende Kohle aus Homes Hand
nahm.
In F i j i wird die Feuerzeremonie auf der Insel
Mbenga ausgeführt, die 20 Meilen südlich von Suva
liegt. Der genaueste Bericht darüber erschien 1898 im
31. Band der Transactions of the New Zealand Institute
aus der Feder des Dr. T. M. Hocken. Wegen seines
Umfanges kann ich hier nur einen kurzen Auszug geben.
Das ,vilavilairevo' besteht darin, daß fast nackte Eingeborene
ohne Schaden durch und über weißglühende
Steine gehen, die den Boden eines ungeheuren Erdofens
(lovo) bilden. Nachher kocht man in ihm die zuckrigen,
saftigen Wurzeln von Cordyline terminalis, einem Kohlbaum,
den die Maori ti, die Fidschileute, masawe nennen. Die
Gabe des Feuerdurchwandeins ist auf einen kleinen Klan —
,Na ivilankata4 auf der Insel Mbenga beschränkt. Auch
ein kleiner Rest des Priesterordens zu Raiatea (.Gesellschaftsinseln
) geht noch durch Feuer.1)
Zur Vorbereitung brauchten die Eingeborenen drei
Tage. Sie bauten den Ofen und belegten ihn mit Steinen»
die dann 36 oder 48 Stunden lang in einem mit Zweigen
und Klötzen genährten Feuer erhitzt wurden. Während
dieser Zeit zog man Erkundigungen ein. Niemand bestritt
die Tatsache, aber niemand konnte sie erklären.
Der Festtag war glühend heiß. Die Gesellschaft, in
der sich drei Amateurphotographen befanden, hatte ein
Thermometer mit, das bis 400° Fahr, registrierte. Der lovo
(Ofen) war kreisrund mit 25 oder 30 Fuß Durchmesser,
seine größte Tiefe war vielleicht 8 Fuß. Er glich einer
Untertasse, die Ränder fielen ab und der Boden war flach.
Er war mit weißglühenden Steinen belegt, auf denen noch
glimmende Asche lag. Der Ofen strömte eine erstickende
Hitze aus: nahe am Rande, an der Windseite, zeigte das
Thermometer 114° Fahr.
Plötzlich umringten Eingeborene die Mulde und zogen
mit Stöcken, an denen Lianenschleifen saßen, die schwelen-
den, unverbrannten Klötze heraus, um sie dann wegzuwerfen.
Während der Arbeit stießen sie einen wilden, aber rhythmischen
Gesang aus. Als dies fertig war, lagen die Steine
am Ofengrund frei, und da und dort leckten zwischen ihnen
noch Flammen auf. Der Durchmesser des von den Steinen
l\ Der Priester im vorhergehenden Bericht dei Oolonel Gudgeon war
ein Raiatea-Mann.
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