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Dangel: Der Gang* durdis Feuer und die Messerkiter. 621
sagst du und bist stolz auf dies Wort. Aber das größere
ist — woran du nicht glauben willst — dein Leib und seine
große Vernunft: die sagt nicht Ich, aber tut Ich. — Es
ist mehr Vernunft in deinem Leibe als in deiner besten
Weisheit" — also sprach Zarathustra.
Für die Fälle, in denen Medien im verdunkelten Raum
ohne Schaden mit glühenden Kohlen hantieren, könnte hier
und da eine andere Erklärung zutreffen. Es scheint nämlich
, daß die von den Medien ausgeschiedene Substanz,
die Ochorowicz, v. Schrenck-Notzing, Geley
und Crawford als Ursache der Telekenesie und der
Materialisationen feststellten, eine gewisse Feuerbeständigkeit
besitzt, oder erreichen ^ann. Ochorowicz ließ nämlich
sein Medium (Stanislawa Tomczyk) einen innerhalb
von Flammen befindlichen Gegenstand telekinetisch
umwerfen. Aus dem Gelingen muß man schließen, daß
die hypothetischen „fiuidalen" Fäden an und zwischen den
Fingern des Mädchens nicht wie gewöhnliche Fäden durch
die Flammen verzehrt wurden. Spätere Experimente bestätigten
das Resultat und zeigten, daß die Flammen durch
die Strahlen sichtlich zurückgestoßen wurden.1) Man könnte
sich also denken, daß durch das an Händen und Füßen
austretende, oft schleimig-gallertartige „Ektoplasma" die
Haut eine Zeitlang vor Glut gefeit wird. Aber bei dem
Feuer wand ein unter freiem Himmel, unter
dem Brand der Tropensonne, kann es sich
unmöglich um diese Substanz handeln, da sie
nach den genannten Forschern gegen Licht sehr empfindlich
ist, so daß Halbdunkel oder mindestens Rotlicht für
ihre Bildung Bedingung ist. —
Der Ethnolog kennt noch andere, ebenso verblüffende
Vorgänge, die, wenn sie auch viel weniger gut bezeugt und
untersucht sind als das Wandeln durch Feuer, wahrscheinlich
auch nicht auf bloße Tricks zurückgeführt werden
können. Auf eines dieser Phänomene will ich hier zu sprechen
kommen, nicht um etwas Entscheidendes darüber zutage
zu fördern — dazu reicht das Material nicht aus — sondern
um die Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Aus China
wird berichtet, daß bei den taoistischen Tempelfesten Männer
und Frauen „so in die Begeisterung geraten, daß sie sich,
ohne es zu fühlen, verletzen, oder auch auf Bahren und
Stühlen, die aus Messern gebildet und mit Nägeln versehen
sind, herumtragen lassen können."*) Ich gebe hier den
*) v. Schrenck-Notzing, Physikal. Phänomene des Mediumismus, München
1920 S. 11.
2) C. Clemen» Die nichtchristlichen Kulturreligionen 1921 I S. 46. Ich
glaube aber, daß die bloße „Begeisterung" zu solchen Leistungen nicht beiähigt.
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