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632 Psychische Studien. XLIX. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1922.)
vom Boden bis zur Decke, wird über den Köpfen geschüttelt
. Schließlich wird es Mme. Figner in die Hand
gegeben, .Rachel setzt sich auf einen Stuhl, der an einer
von Joao bestimmten Stelle steht und nimmt dort dieselbe
Haltung ein wie auf einer kurz vor ihrem Tode angefertigten
Photographie. Dann verteilt sie an ihre Schwestern Blumen,
die ihre Mutter ihr gegeben hatte. „Sie möchte, daß ihre
Mutter sich niedersetzt41 sagt das Medium. Rachel umarmt
ihre Mutter und sagt: „Trage bitte keine Trauer mehr/'
Die Mutter verspricht, die Trauerkleidung abzulegen. „Vater
soll sich niedersetzen" sagt das Medium. Rachel erweist ihm
Zärtlichkeiten und zwängt einen sogenannten „angeiikali-
schen" Zweig in sein enges Knopfloch. Dann nimmt sie
wieder die Haltung der Photographie an und sagt zu ihren
Schwestern: „Ihr sollt nicht weinen." Sie streicht ihre
Haare zurück, um deutlich ihr ganzes Gesicht zu zeigen.
In einer Zimmerecke formt sich eine kleine Gestalt, welche,
wie Rachel sagt, eines der verstorbenen Kinder der Mme.
Figner ist.
Am 6. Mai: In Gegenwart des Dr. Matta Bacellar:
Rachel erscheint. Beim Anblick des weißen Kleides ihrer
Mutter klatscht sie in die Hände und ruft: „Mama ist ganz
in Weiß." Dann arbeitet sie in Paraffin. Madame Figner
darf die „halbbehandschuhte" Hand berühren. Ebenso Herr
Figner. Die Herstellung des Abgusses dauert zwei Stunden.
Das Licht ist so hell, daß man die einzelnen Handlungen
gut beobachten kann. Rachel hebt erst das Gefäß mit
Wasser, dann dasjenige mit Paraffin ein wenig in die Höhe.
Sie erhebt eine auf dem Boden stehende Karaffe und setzt
sie in einiger Entfernung an einer Stelle, wo sie bei ihreim
Gehen und Kommen nicht dauernd vorbei muß, wieder
nieder. Rachel zieht die Blumen und ihren Handabguß
aus dem Wasser und gibt sie ihren Eltern. Alle, ausgenommen
ihre Schwester Leontina, dürfen ihr die Hand
drücken. Um diese zu trösten, sagt sie (mit ihrer eigenen
Stimme): „Mama, geh mit meiner Schwester auf Feste und
ins Theater, wie früher mit mir. Le<5ntina ist so gut!"
Darauf verschwand sie.*)
So lautet in dem Werk von M. Nogueira de Faria
der Bericht der Sitzungen im H aus Prado in Beiern. Wir
haben aus unserer Zusammenfassung eine Anzahl Tatsachen
ausgelassen, die wie die anderen demonstrativen
Wert haben, wenn es sicher ist, daß diese Phänomene
weder auf Massenhalluzination noch auf betrügerisch ausgenutztem
Aberglauben beruhen. Wir erklären hier noch-
*) Vgl. auch den Bericht S. 165 dieses Jahrg. Red.
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