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650 Psychische Studien. XLIX. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1922)
des vergifteten Sarotti-Konfekts, dem nach zwei Tagen unter
dem Titel: „Vergiftetes Konfekt in Berlin" die Zeitungen»
„einen eigenartigen Fall von der Duplizität der Ereignisse
' folgen ließen, wonach ebenfalls nach dem Genuß von
Sarotti-Komfekt ^mehrere Mitglieder einer Familie unter Ver~
giftungsersdheinungen erkrankt seien. Erst einige Tage später wurde
ermittelt, daß keine Duplizität, sondern eine der nicht gerade seltenen
Fleischvergiftungen Vorgelegen habe. Also auch in diesen
beiden Fällen löst sich, wie in den beiden früheren meiner Kasuistik,
das anscheinend Irrationale der Vorgänge restlos in einer, allerdings
auch nicht gerade rationalen,, nämlich irreführenden Berichterstattung
durch die Presse auf. Aber, wie ich nochmals hervorhebe, gerade bei
Handhabung einer aufmerksamen Kritik gegenüber falschen oder zweifelhaften
Duplexmeldungen dürfte die Mühe lohnend sein, eventuelle parapsychische
Fäden bei mancher echten Serienbildung aufzufinden.
Dr. Carl Bruck.
Weltkrieg und Prophetie. Wenn der Weltkrieg vorbereitet war,
dann gehörte keine prophetische Begabung dazu, sein Losbrechen für
einen bestimmten Zeitpunkt anzusetzen, da dieser ja in den Vorbereitungen
mit gegeben sein mußte. Im Raihenau-Prozeß spielten nun die
„Geheimnisse der Weisen von Zion" eine große Rolle. Das „Berliner
Tageblatt" nimmt am 7. Oktober 1922 in Nr. 454 Bezug auf diese und
eine Aeußerung Ludendorffs:
„Mit Frankreich und England Hand in Hand arbeitete die Oberleitung
des jüdischen Volkes." Dr. Ernst Feder fährt fort: „Rathenaus
Worte haben aber weiter gar keinen Zusammenhang mit dem Unsinn
des Buches „Die Geheimnisse der Weisen von Zion", gegen deren Herausgeber
Hauptmann a. D. Müller v. Hausen übrigens noch ein Strafverfahren
schwebt, weil er den Leutnant Krull zur Ermordung des
sozialistischen Schriftstellers Patfvus angestiftet haben soll. Diese „Geheimnisse
" beruhen, wie jetzt festgestellt ist, auf einem Pamphlet, das
vor sechzig Jahren der Pariser Rechtsanwalt Joly gegen Napoleon III.
richtete, imd ihie heutige Gestalt ist ihnen, wie der Berliner Universitätsprofessor
Geheimmt Strack nachgewiesen hat, vor zwanzig Jahren
von monarchisch gesinnten Russen als Polemik gegen den Grafen Witte
gegeben worden. Aber Ludendorff zitiert auf einer Seite seines Buches
den Satz von Rathenau und verweist auf einer anderen Seite die deutsche
Geschichtsschreibung ausdrücklich auf die „Weisen von Zion". „Unsere
Leser wird nun die Bemerkung der „London Times" interessieren,
daß „entweder der angebliche Erfinder oder Fälscher jener Protokolle
einer der bedeutendsten Seher aller Zeiten ist, oder aber der Ge-
heilmbund besteht und seine Protokolle liegen zum Teil tatsächlich
vor uns". Eine sehr sorgfältige Bearbeitung verdanken wir übrigens
dem „reichster Mamne der Welt", Henry Ford, in seinem „Dearborn
Independent", was aber wohl weniger bekannt ist
Schon im Juli/August 1Q21 (Nr. 4 des 15. Bandes) hat sich der
Herausgeber der Zweimonatschrift „Das prophetische Wort", E. F,
St röter, Spiez (Schweiz) auf Seite 181 ff, mit dem „jüdischen Welt-
prograanm 1905" beschäftigt und die Behauptung, daß dies eine Fälschung
sei, auch gegen die Angaben von Dr. Strack nicht zurückgenommen
. Er beruft sich dabei auf eine Mitteilung, die er im Frühjahr
1920 auf einer Fahrt von Genf nach Bern durch einen ihm seit
längerer Zeit bekannten Schweizer Ingenieur erhielt. Dieser war mit
seinem Bruder in Kairo zusammen, wo der Bruder sieben Jahre lang
Generalvertreter der Weltfirma Singer & Co., New York (Nähmaschinen),
war. Vier Jahre vor dem Weltkrieg brachte der alte Jude Singer einen
Winter zu** Erholung in Aegypten zu. Der Ingenieur besaß in hohem
Maße das Vertrauen des Finanzgenies und kam mit ihm auf die
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