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22 Psychische Studien. L. Jahrg. 1. Heft (Januar 1923.)
von den Okkultismusgegnern wohlweislich totgeschwiegene
Fälle finden — stehen die negativen Bemühungen Moll-
Dessoir-Bärwalds schroff gegenüber. Wie erklärt sich diese
Ergebnislosigkeit? Ich glaube, wenn die okkulten Phänomene
restlos durch Täuschung oder Selbsttäuschung zu
erklären wären, wie Moll annimmt, würde ihre Realität trotz
schärfster übermächtiger Anfeindungen und Leugnungen
nicht immer wieder behauptet, würde sich nicht eine Gesellschaft
von 100 Aerzten ernsthaft mit ihneflf befassen, würden
nicht Gelehrte von solchem Ruf, wie die Professoren Oesterreich
, Driesch und Kaufmann noch in neuester Zeit sich
warm für sie einsetzen. Der Mißerfolg liegt also entweder
am Experimentator, an der Methode, an den Medien oder
an der Einstellung der Medien. Im vorliegenden Falle
kommen alle vier Momente in Betracht, um das Fiasko zu
erklären.
Der Hauptexperimentator, Herr Moll, hat sich während
35 Jahren derartig im negativen Sinne festgelegt und den
Kampf der Meinungen in solch polemischen und verletzenden
Formen gegen die Medien und die Positives behauptenden
Experimentatoren geführt, daß man ihm die imbedingt für
derartige Versuche notwendige Unvoreingenommenheit leider
nicht mehr zuerkennen kann. Es ist aus diesem Grunde
Moll und seine Kommission vor eineinhalb Jahren von seiten
der deutschen okkultistischen Gesellschaft, der sich auch
andere Gesellschaften anschlössen, öffentlich als nicht kompetent
abgelehnt worden, und man hat ihm seinen Mißerfolg
klar und deutlich vorausgesagt. Es sind auch die
Medien gewarnt worden, sich seiner Kommission zu stellen.
Der Ablehnung hat sich der Vorstand der parapsychologischen
Aerzte-Gesellschaft erst kürzlich, ohne Widerspruch
seitens der Mitglieder zu finden, angeschlossen.
Dieses Vorgehen scheint den beabsichtigten Erfolg gezeitigt
zu haben, nämlich eine Art Boykottierung Molls durch
die Medien, die den wissenschaftlich okkultistischen Kreisen
nahestehen. Unter den von der Kommission geprüften
Personen befinden sich keine, die in den betreffenden Kreisen
als echtes Medium anerkannt worden wäre. Daß manche
von ihnen eine um so größere Anhängerschaft in kritiklosen
okkultistischen Laienkreisen besitzen — die von den wissenschaftlich
okkultistischen Kreisen ebenso bekämpft werden
wie von Moll — soll gar nicht bestritten werden. Aber man
werfe doch nicht immer wieder Wissenschaftler, wie die
oben erwähnten Herren und Korporationen, mit spiritistischen
Kaffeeschwestern in einen Topf. Dies ist ein allzu
abgeleierter demagogischer Kniff in dem Kreuzzug gegen
alles, was nach Okkultem riecht. Der Trennungsstrich
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