Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
50. Jahrgang.1923
Seite: 34
(PDF, 183 MB)
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84 Psychische Studien. L. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1923.)

Meinungsaustausch.

Zum Fall Steiner, der von Studienrat Hänig im 11. Heft dieser
Zeitschrift berührt worden ist, möchte ich in Erinnerung bringen, daß
dieser Fall zunächst nicht vom wissenschaftlichen, sondern vom moralischen
Standpunkt aus beurteilt werden muß. Der Inhalt der eigentlichen,
von der Wissenschaft übrigens von vornherein abzulehnenden Theosophie,
wie sie namentlich in Steiners Geheim Wissenschaft" dargestellt ist, kann
unmöglich als Intellektualismus, sondern er muß als das Ergebnis hellseherischer
Forschung bezeichnet werden. Nun lehrt Steiner, daß der
Hellseher nur dann zu richtigen Resultaten kommen kann, wenn er ein
moralisch hochstehender Mensch ist, wenn er zumal der peinlichsten
Wahrhaftigkeit sich befleißigt. Daß es aber mit dieser Tugend bei
Steiner schlecht bestellt ist, habe ich in der Schrift „Die Anthroposophische
Bewegung und ihr Prophet (K. Rohm, Lorch in Württ.) zur Genüge
bewiesen, ohne daß bis jetzt (nach 4 Jahren) eine sachliche Widerlegung
bekannt geworden wäre. Ich bin vielmehr, wie andere Gegner,
lediglich mit maßlosen Beschimpfungen bedacht worden. Beispielsweise
wurde in der „Tübinger Chronik" vom 8. März 1921 gesagt,
daß ich aus „niedrigsten Instinkten" handle, und mich erst wohl fühle,
wenn ich mich „in der Gosse wälze". Darauf konnte ich erwidern:
„Wenn die Anthroposophen den Eindruck haben, daß ich mich in der
Gosse wälze, so rührt dies daher, daß ich ihren Meister dort aufsuchen
müßte, wie er denn zur Zeit, als er noch der Freund des trinkfrohen
O. E. Hartleben war, dort buchstäblich aufgefunden worden sein soll."

Da Steiners Unwahrhaftigkeit auch von anderer Seite (so namentlich
auf 11 Spalten der „Frankfurter Zeitung" vom 16. Oktober 1921, von
M. Mörike) an den Pranger gestellt wurde, scheidet er als zuverlässiger
Hellseher und Vertrauen erweckender Verkündiger theosophischer Lehren
aus. Wenn Steiner in Dresden gesagt hat, daß seine Theosophie lediglich
als Intellektualismus aufzufassen sei, dann hat er eben neuerdings
die Unwahrheit gesagt, er, der dem Denken nur einen erzieherischen
Wert beimißt und behauptet, daß die Wahrheit durch* es nimmermehr
gefunden werden könne. Nebenbei bemerkt, daß der Dresdener Vortrag
„vor mehreren Tausend Zuhörern" gehalten wurde, wird doch nicht
für Steiner sprechen sollen? Da könnte man entgegienhalten, daß es
in München und Köln bei Steiners Vorträgen zu Skandalszenen gekommen
ist.

Mancher findet es nun freilich nicht richtig und „vornehm", die
Persönlichkeit statt der von ihr vertretenen Lehre zu kritisieren. Diese
Zimperlichkeit ist aber hier durchaus nicht am Platze, da sich in diesem
Falle die Sache von der Person nicht trennen läßt. — Was die keineswegs
„ungenügende" Aufklärungsarbeit seitens der offiziellen Wissenschaft
betrifft, so empfehle ich Dr. Leisegang (Privatdozent der Philosophie
an der Universität Leipzig), „Die Grundlagen der Anthroposophie
" (Hanseatische Verlagsanstalt Hamburg); Prof. Dr. Traub,
„R. Steiner als Philosoph und Theosoph" (Mohr, Tübingen), und Prof.
Dr. Drews, „Metaphysik und Anthroposophie" (Berlin 1922). Der zuletzt
Genannte erklärt die ganze Geistes-„Forschung|" für einen ,„unge-
heuren Humbug" und sagt: „Die Anthroposophie droht eine allgemeine
Verwirrung der Geister zur Folge zu haben und zu einer Gefahr für
unser gesamtes wissenschaftliches Denken auszuarten." Uebereinstim-
mend damit nennt Harnack die Anthroposophie eine „Spottgeburt von
Religion und Philosophie", nennt Chamberlain diese Lehre eine ,„neue
gefährliche Hydra", nennt Prof. Dr. de Jong (Leyden) „,Steiner —
einen Schwindler wie keiner", nennt M. Mörike (s. oben) ihn einen
„Gaukler und Komödianten", bezeichnet Prof. M. Semper (Aachen)
den Goetheforscher Steiner als „Pfuscher und Fälscher" und sagt
Prof. L. von Wiese in der „Kölnischen Zeitung": „Est wird eine schwere


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