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Mikuska: Hans Driesch als Biologe, Philosoph und Okkultist. 43
des Kontinents und vor seiner Abreise nach China, woselbst
ihn die chinesische Regierung als Gastprofessor der Universität
in Peking berief, auch in der Hauptstadt Prag,
unserer jungen Republik — wohl zum erstenmale zu sprechen.
Hans Driesch wurde am 28. Oktober 1867 in Kreuznach
als Sohn eines Hamburger Kaufmanns geboren. Nach
Absolvierung des Gymnasiums (Gelehrten-Schule des Johan-
neums in Hamburg) studierte er an den Universitäten in
Freiburg, Jena und München und promovierte 1889 bei
Ernst Haeckel in Jena mit einer zoologischen Arbeit „Tek-
tonische Studien an Hydroidpolypen". Seine ersten experimentellen
Arbeiten, die er 1891 in Triest am Embryo des
Seeigels ausführte, sowie weitere experimentelle Arbeiten
dieser Art in Neapel (1890—1902), ergänzt durch ein reiches
Material zweier Studienreisen nach Indien, Ceylon,
Java, Borneo, wurden die Grundlagen seines „Vitalismus",
seines Wissenschafts- und Philosophie-Systems. Schon
diese ersten Arbeiten am Embryo des Seeigels (Echinus
microtuberculatus) führten Driesch zur Erkenntnis, daß es
mit der bisherigen mechanistischen Auffassung der Lebensvorgänge
— ,,mit einer Maschinen-Theorie des Lebens nicht
gehe", und schon 1899 erschien die erste echt vitalistische
Schrift r/Die Lokalisation morphogenetischer Vorgänge, ein
Beweis vitalistischen Geschehens".
In der nun folgenden Entwicklungsphase ist Driesch
bestrebt, die Beweise für den Vitalismus zu erbringen, und
zwar durch Studien der Erscheinungen der Regeneration,
Restitution, der Anpassung und Vererbung, um auf diese
Beweise seine spätere Philosophie des Organischen zu fundieren
. Als synthetisches Resultat der Studien und Schriften
dieser Epoche, unter denen besonders die Schriften: „Die
Seele als elementarer Naturfaktor*' (1903), „Der Vitalismus
als Geschichte und als Lehre" (übersetzt polnisch, italienisch,
russisch, englisch; am bekanntesten geworden sind, erschien
1908 in englischer Sprache sein Werk: „The Science and
Philosophy of the Organism". — Wie der Verfasser im
Vorworte zur deutschen Uebersetzung („Die Philosophie des
Organischen4') bemerkt, soll das Werk, das unter dem
Himmel Italiens, von einem deutschen Gelehrten, in englischer
Sprache niedergeschrieben und auf einer schottischen
Universität vorgetragen wurde, auch gleichzeitig ein
Zeugnis sein für die eine Wahrheit, daß „eine wahre Kultur
die trennenden Schranken von Land, Volk und Rasse nicht
kennt*'.
Die „Philosophie des Organischen*1 (2, Auflage 1921*
sammelt nochmals alle Beweise für den Vitalismus und
gegen mechanistische Theorien des Lebens. — Nach
4*
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