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56 Psychische Studien. L. Jahrgang. 2. Heft. (Februar 1923.)
Nach der geschilderten Begebenheit zu schließen, ist
es darum nötig, in der Parapsychologie zwar immer höchst
vorsichtig und kritisch zu sein, aber anderseits ist Leicht-
gläubigkeit ebenso gefährlich, wie absoluter Unglaube.
Bei der Telepathie und dem Gedankenlesen wirkt eine
Seele auf die andere. Beim Hellsehen und der Prophetic
finden wir wieder Beziehungen zwischen Seele und gegenständlicher
Welt. Von außerordentlicher Bedeutung für
Philosophie und Sittlichkeit sind diese parapsychologischen
Erscheinungen darum, weil durch sie die "Schranken des
Aufsichgestelltseins, der Isoliertheit der seelischen Persönlichkeiten
gegeneinander durchbrochen erscheinen.
Eine besondere Stellung im Gebiete der Parapsychologie
nimmt das Problem des Spiritismus ein.
Der Spiritismus bedeutet eine besondere Hypothese zur
Erklärung der parapsychologischen Erscheinungen. Sein
Verhältnis zum Okkultismus ist etwa ein derartiges, wie das
Verhältnis des Darwinismus zur Deszendenz-Theorie.
Der Spiritismus als ein Versuch zur Erklärung mancher
parapsychologischen Tatsachen ist also etwas anderes als
die Erscheinungen selbst, und man kann im Gebrauche
dieses Ausdrucks nicht vorsichtig genug sein. Viele hervorragende
parapsychische Forscher, wie z. B. Dr. v. Schrenck-
Notzing, Prof. Oesterreich (Universität Tübingen) sind geradezu
Gegner des Spiritismus.
Der Spiritismus geht aus dem Glauben hervor, daß
die Urheber der parapsychischen und paraphysischen Erscheinungen
die Geister der Verstorbenen sind, die sich
des Organismus gewisser physisch dazu disponierter Personen
(Medien) bemächtigen und ihn zu ihren psychischen
und physischen Manifestationen gebrauchen. Wissenschaftlich
stützt sich der Spiritismiis mehr auf die parapsychischen
als auf die parapsychophysischen Phänomene, obzwar auch
viele der letzteren den „Geistern44 (Poltergeisterx zugeschrieben
werden. Wir unterscheiden drei große Gruppen jener
parap«> einsehen Tatsachen mit spiritistischer Auslegung, die -
i * v * * i* « i .ff». Die Ereignisse sind darum tatsächlich in gewissen
YSh< n *'ür d"« Z'ikmft festgelegt. — T>nd w-nn es uns scheint, als wären
h s^r* Euts'hlüfise frr;. po ist doch zu bedenken, oh unser Unterbewußtsein
äit% Seele des Or„a Js^ius — unsere NViafimiren, Leidenschaften, Cha-
iak*er und B^ ^orond* unseres Handelns nicht besser kennt, als das nor-
m> e (iphirnhewnß'srin si" k^rmt. u *d d*»mm auch die Geschehnisse der
Zukunft gleichsam detf-r- m>»t die schicksa*« h viere Begebenheit im
v .raus erkennt und unt^r ge wissen psychischen Bed n jungen (im Traum,
Hypnose, Delirium) v r.r>?«izu schauen und vorauszusagen boOi igt \st. —
'Anm. des R"f.) Siehe aich Driesch: Das Problem de^ Freiheit ferner
Dr Kemmerich: Prophezeiungen
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