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Zeitungsübersicht.
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Man kann ihnen nicht Ort und Stunde anbefehlen, man kann ihnen
nicht Methode und Kontrolle aufzwingen, ohne daß sie an Sicherheit
und Leistung einbüßen. Der Betrug ist dann oftmals ein Ausweg,
um Ansehen und Leistung nach außen hin zu retten und zu bewähren.
Dennoch aber darf man nicht schlechthin sagen: „Um so schlimmer
für die Tatsachen, die auf solchem Boden erwachsen." Diese kritische
Einstellung bringt die suggestiblen Medien für 'gewöhnlich völlig
um ihre Selbstsicherheit, und dann versagen sie erst recht.
In Berlin beschäftigen sich seit etwa einem Jahre gegen hundert
Aerzte gemeinsam mit dem Problem der okkulten Tatsachen. Der
zu diesem Zwecke begründeten Forschungsgesellschaft, der „A e r z t-
lichen Oesellschaft für parapsychische Forschung",
gehören zum überwiegenden Teile Berliner Nervenärzte und Psychiater
an. Sie verfügt über Medien, und sie hat ihre Prüfungskommissionen
: allmonaüich wird in Sitzungen über die Ergebnisse
der Arbeit berichtet. Die Prüfungskommissionen aber befolgen ein
anderes P inzip als das der eben geschilderten Einstellung, zunächst
den Medien eine bestimmte exakte Versuchsanordnung aufzunötigen
und sie so „kopfscheu" zu machen, um dann nur negative Ergebnisse
zu erzielen. Sie lassen die Medien sich völlig frei geben;
ja sie scheuen auch vor spiritistischer Einkleidung der PrüfungssiUungen
nicht zurück; dann aber führen sie, ohne daß das Medium es
merkt, allmählich ein System unwissentlicher Kontrollen ein, die
dem einzelnen Medium individuell angepaßt werden. So wird das
Medium in seiner seelischen Situation nicht beeinflußt und beeinträchtigt.
Es muß gesagt werden, daß diese Verfahrensweisen bisher neben
einer Reihe negativer oder zweifelhafter Befunde nur wenige Tatsachen
geliefert haben, die auf anderem als okkultem Wege schwer erklärlich
sind. Einige dieser Tatsachen sind immerhin erwähnt. Sanitätsrat
Carl Bruck veranstaltete mit einer Prüfungskommission von Nervenärzten
nicht weniger als 22 Sitzungen zur Prüfung des sog. telepathischen
Zeichnens. t)ie Medien waren zwei junge Beamte.
Sie wurden in Tiefschlafhypnose gelegt und blieben unter Aulsicht
mehrerer Nervenärzte in einem Räume. Der Versuchsleiter oder ein
Mitglied der Prüfungskommission fertigte währenddessen in einem
anderen Räume eine einfache gegenständliche Strichzeichnung an. Diese
kam in eine undurchsichtige Mappe. Der Versuchsleiter begab sich zu
den h>pnotisierten Medien zurück, öffnete ihnen die Augen, ohne die
Hypnose aufzuheben, konzentrierte sich gedanklich intensiv auf die
Zeichnung in der Mappe und gab die Suggestion: „ein Bild tritt in
Ihr Oehirn, wird immer klarer und deutlicher, bis Sie es nachzeichnen
können*4. Es ergaben sich eine große Anzahl von Treffern,
weit mehr, als der bloßfcn Wahrscheinlichkeit entsprochen hätte. Aber
auch an den Versagern konnte man die psychologischen Fehlerquellen
genau studieren, insbesondere die Wirkungen des Unterbewußtseins
mit ihren Erinnerungsspuren und zeichnerischen Bewegungseinstellangen,
die bei beiden Medien ganz verschieden waren. Diese Ergebnisse, ähnlich
denen von H y s 1 o p, aber wohl noch schöner, unterliegen noch der
wissenschaftlichen Auswertung, werden aber mit dem ßildermaterial
veröffentlicht.
Eine zweite Tatsachenreihe wurde von Dr. Schwab mit mehreren
Mitgliedern der Oeseilschaft erforscht in sehr zahlreichen und mühevollen
Sitzungen. Es handelte sich um die Fähigkeiten eines Mediums,
das sog. Appo rte und Materialisationen zustande bringen
sollte. Dies Medium ist insofern einzigartig, als es ohne das sonst
übliche Kabinett arbeitete; es saß am Tische mit den übrigen Sitzungsteilnehmern
, das Zimmer war nicht völlig dunkel; zwei Aerzte hielten
seine Hände, die Hände aller anderen lagen auf dem Tisch, kontrolliert
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