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178 Psychische Studien. L. Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1923.)
einer Wage heruntergeworfen. Wenn man es wieder an
seinem Platz befestigt, wird es sofort von neuem heruntergeschleudert
. Auch der Pfarrer, ein gebildeter, vertrauenswürdiger
Mann, hörte, als er einmal in der Küche saß, einen
starken Schlag in nächster Nähe, durch welchen eine Beule
in dem emaillierten Küchentopf entstand, so daß die Splitter
herumflogen. Eine Schachtel mit Kaffee wurde in einen in
der Speisekammer stehenden Butterteig geschleudert. Den
Hausleuten wurden diese Ereignisse von Tag zu Tag unheimlicher
, besonders die nächtlichen Ruhestörungen, so daß sie
sich entschlossen, das Mädchen zu entfernen.
Johanna P. ist 15 Jahre alt, Waise, Vater unbekannt,
Mutter war in Graz bedienstet. Das Kind war 9 Jahre alt, als
die Mutter starb. Ein Aufruf in einer Zeitung veranlaßte eine
Frau, die ein kleines Häuschen in Lieserhofen besitzt, dieses
Mädchen zu sich zu nehmen. Sie wurde dort schiecht, ja
unmenschlich behandelt; viel geschlagen. Das Kind entfloh
aus Angst und versteckte sich im Heu bei einer Wirtin: Frau
Grud, die das Mädchen aus Mitleid und Herzensgüte bei sich
aufnahm."
In einem weiteren Schreiben erklärt Frau Fasan, es sei
absolut ausgeschlossen, daß das Werfen durch Schwindel
zustande käme, weil man das Mädchen während der Vorgänge
sehr oft beobachtet, d. h. nicht aus dem Auge gelassen
habe. „So kontrollierte ich es selbst," schreibt sie, „bei starken
Schlägen an eine Tür, beim selbständigen Bewegen von
Tischen, Bildern, Stühlen, Spiegeln, die auch herunterfielen
und zerbrachen. Zwei Tage und Nächte läutete eine Glocke
im Stall, die einen Klang hatte, wie wenn sie mit einem Tuch
umwickelt sei. Die Dorfbewohner hörten das Läuten, obwohl
eine Glocke im Stall gar nicht vorhanden war. Auch
wurden von zahlreichen Personen im Stall Lichterscheinungen
wahrgenommen, sowie ein Hin- und Herpendeln der aufgehängten
Stalllaterne. Das Erheben des Stuhles fand 2 m
von mir und 2 m vom Medium entfernt statt, bis auf 30 cm
vom Boden. Außer mir waren noch sechs Menschen im
Zimmer anwesend. Da es dunkel war, st) wurden während
der Phänomene Stuhl und Medium mit einer elektrischen
Taschenlaterne beleuchtet. Wir bildeten nun eine Kette,
legten die Hände auf den Tisch und nahmen Johanna in
unsere Mitte. Da ich in der Ecke des Zimmers einen Haufen
Maiskörner hatte auf dem Boden liegen sehen, so fragte ich,,
ob es möglich sei, die Maiskörner auf den Tisch zu werfen.
Nach kurzer Zeit wurde mein Wunsch prompt erfüllt. Niemand
war außer den am Tisch sitzenden Personen im
Räume, das Medium wurde an beiden Händen gehalten,
so daß ein Betrug gar nicht in Frage kommen konnte. Mein
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