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v. Schrenck-Notzing: Spukphänomene bei Johanna P. * 187
herauf kam, aber beide Mansardentüren fand ich verschlossen
.
Wohl hätte Hannie Zeit genug gehabt, in ihre Kammer
zurückzugehen, wenn sie die Flaschen geworfen hätte. Deswegen
befragte ich die Köchin, die mir erzählte, daß sie
und ,Hannie gerade aus ihrem Fenster heraus miteinander
gesprochen hätten, als sie den Lärm hörten. Sie hätten dann
Angst gehabt, ihre Türen aufzumachen, um nachzusehen,
•was geschehen sei. Ich wäre unmittelbar danach heraufgekommen
. .Diese Auskunft der Köchin scheint mir richtig.
Die Wände der Kammer sind sehr dünn; man kann im
Nebenzimmer jedes Geräusch hören. Besonders hätte man
das Auf- und Zuschließen hören müssen, da das Schloß
verrostet tist und beim Öffnen und Schließen ein starkes
Knarren verursacht. Außerdem hatte ich von unten schon
oft bemerkt, daß die Mädchen aus ihren Fenstern miteinander
zu sprechen pflegten. Es war dies an schönen Abenden eine
besonders bei ihnen beliebte Beschäftigung.
Weitere Spukvorgänge in der Küche.
Am ^Morgen des 7. Mai 1922, einem Sonntag, begann das
(mysteriöse Spiel um 9 Uhr vormittags. Von Zeit zu Zeit, in
Zwischenräumen, die von zehn Minuten bis zu einer halben
Stunde differierten, hörte ich, daß verschiedene Gegenstände
in der Küche umhergeworfea wurden. Hannie wurde nun
überwacht und ihre Bewegungen kontrolliert, nicht nur von
uns, sondern auch von der Köchin, der die Spukphänomene
immer ^unheimlicher wurden. Ich konnte meine Aufmerksamkeit
nicht auf die Phänomene richten, weil ich Hannie
überwachen mußte, die ebenso neugierig auf das, was geschehen
würde, schien als ich. Sie war besonders amüsiert,
wenn die Köchin in der Erfüllung ihrer Pflichten gestört
wurde. Mittags, als die Erscheinungen für diesen Tag aufhörten
, hatte ich zwei* Porzellanschüsseln und eine Tasse*
als Opfer dieser interessanten Vorführungen zu beklagen.
Am Nachmittag war eine Pause, für die meine Gattin, ich
selbst jmd die Köchin gleicherweise dankbar waren. Nur
am Abend um 8 Uhr war die Köchin, die das Abendbrot
bereitete, .Zielscheibe kleinerer Angriffe. Ein Löffel und
ein .Schöpflöffel, welche die Köchin auf den oberen Teil
des Herdes gelegt hatte, wurden in Töpfe, die auf dem
Herd standen, hineingeworfen. Und dieses Werfen geschah
mit absoluter Genauigkeit und verfehlte niemals das Ziel.
Beide, Löffel und Schöpflöffel, flogen geradeswegs in die
Sauce hinein. Hannie war meines Wissens niemals in der
Nähe; ,sie war immer in einiger Entfernung von dem Punkt,
wo .diese Ereignisse stattfanden, und manchmal auch außer-
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