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206 Psychische Studien. L. Jahrgang). 5. Heft. (Mai 1923.)
Umstand, daß die Leuchterscheinungen nicht gleichmäßig bei
allen Medien auftreten, da sogar bei sonst recht starken Medien
eine untergeordnete Rolle spielen können. Vergleicht man die
Berichte, so gewinnt man den Eindruck, daß das Teleplasma im
Zustande der Bildung und Entwicklung eher zum Leuchten neigt,
als dann wenn es fertig geformt ist.
Es bleiben uns zwei Denkmöglichkeiten zur Erklärimg der Erscheinung
, daß das Teleplasma bald leuchtet und bald nicht:
Entweder diese Differenz beruht auf einem Unterschiede der
chemischen Struktur des Teleplasmas selber., oder aber, das
Teleplasma hat immer eine Struktur, die ein Leuchten ermöglicht
, es muß nur ein auslösender Faktor hinzukommen, der vom
Medium ausgeht. Das Hinzutreten oder Fehlen dieses Faktors
kann auf physiologischen, dem Willen des Mediums nicht unter-
worfenen Ursachen beruhen, oder jener Faktor gehorcht dem
Willen des Mediums in seinem Transzustande, d. h. das Medium
kann willkürlich seine Gebilde leuchten lassen oder nicht.
Bei den Sitzungen mit dem Medium Willi ist, wie schon an-
gedeutet, die Empfindungssehwelle für die Wahrnehmung des
Leuchtens bei den einzelnen Teilnehmern sehr verschieden.
Mancher sieht schon schwache Lichterscheinungen, während für
die anderen noch völlige Dunkelheit zu herrschen scheint. Am
ehesten sieht immer eine Dame etwas, die sich selber als hochgradig
sensitiv bezeichnet. Ist die Wahrnehmung des ganz
schwachen Leuchtens eine Fähigkeit, bedingt durch eine sensitive
Veranlagung, die beim einzelnen in ^schieden hohem
Grade entwickelt ist? Möglich, aber näher liegt, die Erklärung,
daß es sich um die allgemein vorhandene Verschiedenheit der
Empfindungsschwei] e für schwaches Licht handelt, um die Erscheinung
, daß die verschiedenen Menschen im Dunkeln verschieden
gut sehen. Daß ich selber die Lichterscheinungen erst
wahrnehme, wenn sie einen gewissen Grad der Helligkeit er-
reicht haben, beruht wohl auf meiner Kurzsichtigkeit. Ein
Kurzsichtiger hat, selbst bei normaler Sehschärfe und völlig
durch Gläser auskorrigierter Sehweite, eine Erhöhung der
Empfindungsschwelle für Lichtreize, d. h. er sieht im Dunkeln
schlechter als durchschnittlich ein Normalsicfatiger.
Legen wir uns nun die Frage vor: Können wir das meta-
psyohische Leuchten in Parallele steilen mit dem physiologischen
Leuchten der Tiere und Pflanzen, können wir beides auf die
gleichen physikalischen oder chemischen TJnsachen zurückführen
? Können wir uns überhaupt irgendeine Vorstellung
machen, wie das metapsychische Leuchten zustande kommt? Der
Ultraskeptiker wird ja rasch mit einer Erklärung bei der Hand
sein: Betrug! Die Frage des Betruges oder der Selbsttäuschung
überhaupt soll hier nicht in Diskussion gezogen werden. Es ist
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