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212 Psychische Studien. L. Jahrgang«. 5. Heft. (Mai 1923.)
Instituts. Willy Seh. ist ein durchaus gesund und normal aussehender
junger Mann von 19 Jahren, schlank, schwarzhaarig,
dunkeläugig, von bescheidenem, sympathischem Wesen. In dem
Zimmer, in das wir uns jetzt mit ihm begaben, kleidete er sich
vor unseren Augen vollständig aus — damit jeder Verdacht ausgeschlossen
sei, daß er irgend etwas unter seinen Kleidern verberge
, womit er bei der Sitzung operiere — und legte zur Sitztung
einen schwarzen Trikotanzug an, der nur Kopf und Hände freiließ
, ferner eine gut wattierte lange schwarze Jacke (zur Erwärmung
) und Pantoffeln. Alle diese Bekleidungsstücke hatte
ich vorher untersucht.
Wir begaben ims nun mit Willy und den übrigen in das Sitzungszimmer
, das noch hell beleuchtet wrar. Die Kontrolle des Mediums
übernahmen zunächst von K. (C. 1) und Professor B. (C. 2). Die
beiden Kontrollpersonen saßen ganz dicht bei dem Medium, ihm
zugewendet; die erste (C. 1) umspannte mit ihren Händen die
Handgelenke Willys; die zweite faßte seine beiden Hände in die
ihrigen und nahm seine Beine zwischen ihre Knie.
Die eigentliche Sitzimg begann 8,25 Uhr. Das Weißlicht wurde
abgedreht. Nunmehr war das Zimmer nur noch beleuchtet von
einer elektrischen Birne, die mit starkem roten Papier umblendet
war, so daß fast Dunkelheit herrschte. Gleichwohl konnten die
Teilnehmer die Haltung und die Bewegungen des Mediums auch
mit den Augen kontrollieren, da an seinem Trikot um Hand- und
Fußgelenke Streifen sich befanden, die in der Dunkelheit leuchteten
. Ebenso hatte man an den rechten Aermel seiner Jacke
(d. h. nach der Seite der ,,Objekte") Leuchtnadeln angesteckt
Wenige Minuten nach der Verdunkelung verfiel Willy (wie die
Kontrollpersonen meldeten) in Trance. Willy meint (unter dem
Einfluß der ihm geläufigen spiritistischen Vorstellungen) in
diesem Zustand, von einem „Geist" namens Minna beherrscht
zu sein. Freiherr v. Schrenck paßt sich dieser Meinung des
Mediums (die er selbst nicht teilt) an. So hielt er jetzt eine
kleine Ansprache an „Minna": „Guten Abend, Minna. Ich
stelle dir hier Professor M. und seine Frau vor, die heute zum
erstenmal bei uns sind. Sie haben eine.weite Reise gemacht, um
zu sehen, was du leisten kannst. Also gib dir einmal rechte Mühe
und zeige uns etwas Schönes." — Rechts von dem Medium, 1 m
entfernt, (bei 0) stand auf einem 67 cm hohen Tabarett eine
kleine Spieluhr (nach Stärke und Klangfarbe ihres Tons deutlich
verschieden von der neben v. Schrenck befindlichen); daneben
auf dem Boden ein leichter, aus Rohr geflochtener, leerer Papierkorb
. Spieluhr wie Korb waren mit Leuchtstreifen versehen.
Die Spieluhr war aufgezogen. Die Aufgabe für Willy war, die
Spieluhr (durch Verschiebung eines Hebels) in Gang zu setzen
und den Korb sich erheben zu lassen (beides ohne die Objekte
direkt oder indirekt zu berühren).
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