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Mirakel: Der Suggestion der okkultistischen Atmosphäre erlegen. 219
wenn ihm von so berufener Seite endlich auch einmal so deutlich
der Spiegel vorgehalten würde. Lange genug hat er es verstanden
, durch sein Auftreten und seine Tonart die Zagenden im
Banne zu halten, aber die Tage seiner Herrlichkeit sind gezählt.
Auch in das Geheimkabinett für ,,praktis0he Psychologie",
worin am Schlußtage seiner Volks Vorlesungen die neugierigen
Zuhörer so schön das Gruseln lernten, ist nun die Erkenntnis
gedrungen, daß ein so sehr verfehmtes Gebiet der Forschung im
Begriffe ist, die Tore der offiziellen Wissenschaft zu sprengen,
und sich auf dem Kampfplatz der Geister die Stellung zu erringen
, die ihm wegen seiner ungeheueren Bedeutung zukommt.
Auch Moll hat vernommen, daß als Bejaher und mutvolle Verfechter
okkultistischer Tatsachen sich immer mehr auch Vertreter
der amtlichen. Akademiker vernehmen lassen. Die Dichter —
das mochte noch angehen: Maeterlink, Sir Conan Doyle, und jetot
sogar Thomas Mann! Immerhin, sie mochten ihren Weg gehen!
Aber die vorsichtige Univeisitätswissenschaft hielt sich zurück!
Und nun auf einmal eine ganze Reihe erlauchter Namen, die ihr
Gewissen nicht ruhen läßt, für eine Sache, und sei sie noch so
sehr befehdet, öffentlich sich einzusetzen: Driesch,Oesterreiehu
Messer in Gießen, Graetz und Gruber und Zimmer in München —
fürwahr, ein hochbedeutsames Ereignis, das man mit ErgriffenUeit
als Zeitwende für den ganzen Okkultismus erklären kann! Und
Hut ab vor diesen Männern! Sie sind ein glückverheißender Anfang
. Denn lange genug haben die „Großsiegelbewahrer der
Wissenschaft", von denen Schleich an einer Stelle so bezeichnend
spricht, die Parapsychologie übergangen, verspottet, bekämpft!
Da ist es erklärlich, daß Moll, der solange sich in seinem
Ruhme sonnte, — ach! es wrar ja nur ein Schattengebilde! — den
Anschluß nicht versäumen und doch lieber dabei sein wollte. Er
ist ja noch so rüstig! Und man kann heute nicht wissen, wie das
Ende sein wird! Schrecklich, der Gedanke, daß er am Ende doch
sollte so grausam geirrt haben! Darum also der marktschreierische
Aufruf an die Medien, — er war ohne Erfolg. Darum dann zum
Zweiten die versuchte Anbiederung mit den forschenden Gesellschaften
, und hier durch eine unbedachte Entgleisung abermals
ein Fehlschlag. Was wird er zum Dritten unternehmen, wird er
sich resigniert abfinden mit dem Schicksal desjenigen, der auf
eine falsche Karte gesetzt hat? Es ist kaum anzunehmen, darum
aber muß er sich beeilen. Einstweilen äst er nur zu bedauern!
Bisher glaubte er also noch, daß seine ärztlichen Kollegen in
Berlin „der Suggestion der okkultistischen Atmosphäre erlegen"
seien. Ach, sie sind ebensow enig „erlegen**, w ie etwa Einstein —
wenn er Recht behält — der Relativitätstheorie erlegen ist, oder,
um eine mehr feststehende Tatsache zu nenneu, wie z. B. Galilei
einem Irrwahn erlegen wiar, als er vor dem Konzil von Papst, Bischöfen
, Prälaten und Mönchen sein Bekenntnis aufrecht erhielt!
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