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Die Möglichkeit okkulter Phänomene
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al$ Tatsachen verkündet, was er. vordem nicht hat glauben wollen. So
ist es Thomas Mann ergangen, der erst kürzlich in Wien mit einem
Vortrag über seine Umstimmung, um nicht zu sagen Bekehrung, berechtigtes
Aufsehen erregt hat.
Als .dritter Sachverständiger in der ungewöhnlich fesselnden Gerichtsverhandlung
stimmte Dr. med. G. Gruber, Professor für Zoologie
an der Münchener Technischen Hochschule, den Aussagen des Professors
Zimmer bei. Er ist als Wissenschaftler mit wissenschaftlichem
Interesse an die Sache herangegangen und erklärt es für die Pflicht
der Wissenschaft, hier aufzuklären und dem Volke zu zeigen, welche
Phänomene vorliegen und welche nicht.
„Ich habe," so sagte Professor Gruber, „mehrfach gesehen, wie ein
Tisch und ein schwerer Stuhl weit vom Medium weg sich erhob, ohne
die Berührung durch das Medium und im Gleitflug niederging. Ich
hatte selbst die Kontrolle mit. Eine Spieldose haben wir in einer Entfernung
von 1,75 m vom Boden weg aufgestellt. Das Medium hat
unter strengster Kontrolle auf Kommando ohne jede Berührung die
Spieldose in Bewegung gesetzt. Das müßte also Gehörhalluzination sein.
Dazu käme Gesichtshalluzination, weil wir ja sahen, wie unter einem
Taschentuch sichtbar eine Hand detf Hebel in Bewegung setzte. Eine
Verbindung mit dem Medium war nicht sichtbar. Aber wenn man
zwischen der Spieldose und dem Medium hineinlangte, bekam das Medium
einen Schlag. Wir haben eine Gazewand dazwischengestellt, trotzdem
spielte die Dose. Die Maschen waren an der Stelle, wo sich ^der
Hebel befand, erweitert. Ein bekannter Münchener Physiker, Professor
Grätz, früher Gegner, bekennt heute: ,Die Telekinese (Fernwirkung)
ist heute bewiesen/ Damit ist auch das Vorkommen von Materialisation
bewiesen, denn sie kann nur dadurch zustande kommen, daß eine Materie
vom Medium ausgeht."
Schließlich äußerte sich noch Gräf von Klinkowström über das Medium
Willy. Er hat bei einer Sitzung bei Schrenck-Notzing, der dritten,
der er beiwohnte, Phänomene gesehen, die er sich nicht erklären kann.
Von Halluzinationen könne bei dem Medium nicht die Rede sein.
So hat der wie das Hornberger Schießen verlaufene Beleidigungsprozeß
weit über seine Bedeutung hinaus gewirkt; denn
ihm sind Sachverständigengutachten zu verdanken,
durch die der Okkultismus wissenschaftlich beglaubigt
worden ist. Dieses Ergebnis wird seinen Eindruck nicht
verfehlen und wohl manchen veranlassen, mit seinem Urteil über Dinge
vorsichtiger zu sein, die von der nach Wahrheit strebenden Wissenschaft
ernst genommen werden und* nur vom Spiritismus mißbraucht worden
sind.
Nachtrag: Das Ende vom Liede war, daß der Gerichtshof den
Kläger Erichsen oder L. Moyjeowicz (siehe oben) mit seiner Klage abwies
, weil die Beleidigungen bereits verjährt seien, ihm aber die Kosten
des Prozesses aufbrummte. Wie konnte Herr L. Moyjeowicz oder Leo
Erichsen (siehe oben) auch nur so unvorsichtig sein! Red.
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