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274 Psychische Studien. L. Jahrgang. 6. Heft. (Juni 1923.)
Psychologie tobte — inzwischen ist das Interesse wohl durch das Mißglücken
des Raubzuges Poincares auf andere Dinge abgelenkt worden —,
spielte das Buch eine Hauptrolle. Bei uns haben sich seiner dann auch
Leute bedient, die es — nie in den Händen gehabt haben. ♦
Ich habe es in den Händen gehabt und von der ersten bis fcur
letzten Zeile aufs genaueste gelesen und — bin überzeugt, daß der Verf.
— sich selbst getäuscht hat. Wenn man, begierig, das Beweismaterial
zu vernehmen, seine Sitzungsberichte liest, so kann man nicht umhin, zu
staunen, wie dürftig seine Argumente sind. Nicht ein einziges
Mal ist das Medium wirklich ertappt worden. Ein einziges
Mal glaubte Fournier d'Albe zu sehen, wie es mit dem Fuße »ein
kleines Tischchen hob. Alles andere sind bloße subjektivste, unsubstan-
tierte Vermutungen. Und nichts schließt es aus, daß er jenes eine Mal
im Halbdunkel irgendein mediumistisches Organ gesehen und daraus
alsbald zu Unrecht ein Bein des Mediums gemacht hat (Assimilation).
Es fehlte Fournier d'Albe augenscheinlich alle wirkliche eigene Erfahrung
. Er hat Schrenck-Notzings „Materialisationsphänomene" ins
Englische übersetzt und hat an einigen der in London mit Eva O. veranstalteten
Sitzungen teilgenommen (von deren Echtheit er übrigens
auch jetzt noch überzeugt ist). Aber das genügte nicht, um mit einem
Medium umgehen zu können. Es scheint ihm ganz und gar nicht gelungen
zu sein, mit dem Medium Goligher in einen solchen psychischen
Kontakt zu kommen, wie er die psychische Vorbedingung für größere
Phänomene bildet. Immerhin sind manche auch so aufgetreten. So
wurde aus einer Flasche, in der sich neben anderen Objekten gleichzeitig
auch ein Tropfen Quecksilber befand, ein kleiner Gegenstand
herausgenommen. Das war auf normalem Wege möglich, indem die
Flasche vom Fußboden hochgenommen, der Inhalt mitsamt dem Quecksilber
herausgeschüttet und dann alles andere einschließlich des Quecksilbers
, aber mit Ausnahme jenes kleinen Objektes wieder hineingetan
wurde. In Anbetracht der gegebenen Versuchsbedingungen ist es ganz
unwahrscheinlich, daß das unbemerkt geschehen konnte,
Die Stimmung zwischen dem Untersucher einerseits, dem Medium
und seinen Angehörigen anderseits wurde immer gereizter, und schließlich
trat der Bruch ein. An den Sitzungen hat übrigens auch Frau Craw-
ford teilgenommen, die auch bei den von ihrem Manne veranstalteten
Untersuchungen zugegen gewesen war.
Im Anhang sind interessante Stellen aus dem Beobachtungisjournal
Crawfords, ferner aus Briefen von uns an ihn, sowie auch aus gedruckten
Artikeln anderer Verfasser zum Abdruck gekommen. Darunter sind
neben weniger Wichtigem sehr interessante Stücke, so ein paar Zeugnisse
höchst kompetenter Teilnehmer an Crawfords Sitzungen, auch von
Gelehrten, die sich für die Echtheit aussprechen. Ferner gibt der Anhang
authentische Dokumente über den Tod Crawfords, der bekanntlich
durch Selbstmord geendet hat. Das auch durch die deutsche Presse
gegangene Gerücht, er habe Miß Goligher beim Betrüge ertappt und
habe aus Verzweiflung, daß seine in jahrelanger Arbeit entstandenen
Untersuchungen lauter Seifenblasen seien, Hand an sich gelegt, ist
durchaus unrichtig. Er hat infolge einer durch Ueberarbeitung und
Kriegsaufregungen entstandenen schweren, mit Angstzuständen, geisteskrank
zu werden, verbundenen neurasthenischen Erschöpfung Selbstmord
begangen. Vier Tage vor seinem Tode, am 26. Juli 1920, schrieb
er noch in einem Briefe: „Ich bin geistig zusammengebrochen. Ich war
es schon vor einigen Wochen völlig .... Die Ursache ist nicht
meine parapsychische Arbeit. Sie ist mir eine überaus große Freude
gewesen. Ich bin voll Dankes, sagen zu können, daß dies Werk Bestand
haben wird. Es ist so gründlich gemacht worden, daß keinerlei
wesentliche Lücken darin geblieben sind." In den nächsten Tagen bis
zu seinem Tode hat dann keine Sitzung mehr stattgefunden, so daß
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