Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
50. Jahrgang.1923
Seite: 278
(PDF, 183 MB)
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278 Psychische Studien. L. Jahrgang1. 6. Heft. (Juni 1923.)

d, h. über das plötzliche Auftreten neuer Pflanzenarten ohne beobachtbare
Uebergangsformen besondere Schwierigkeiten; auch die paläontologischen
Dokumente zeigen, daß die Hauptarten stets scheinbar plötzlich
aufgetreten sind. Plötzliche Umwandlungen bilden offenbar die
Regel in der Entwicklung; dies kann weder die natürliche Zuchtwahl,
noch der Einfluß des Milieus erklären, vielmehr muß man einen seelischen
Dynamismus annehmen, der die bisherigen Faktoren verwendend, die
Entwicklung leitet. Das plötzliche Auftreten einer neuen Art wird bestimmt
und vorbereitet durch eine unterbewußt bleibende Ausarbeitung
durch den seelischen Dynamismus»; diese Ausarbeitung erfolgt allmählich
in der Idee, bevor sie plötzlich in die Materie übersetzt wird. Auch
für das Verständnis aller allgemeinen biologischen Probleme brauchen
wir die Annahme eines dem Organismus übergeordneten, ja ihn bedingenden
Dynamismus. Die Wirklichkeit der Materialisationen weist
in dieselbe Richtung; die Materialisationen beweisen, daß das lebende
Wesen kein bloßer Zellkomplex, sondern ein psychischer Dynamismus
ist, als dessen ideoplastisches Produkt der seinen Körper darstellende
Zellenkomplex erscheint.

Wie die klassische Auffassung der physiologischen, so versagt auch
die klassische Auffassung der psychologischen Individualität des Menschen
. Die Bezeichnung des Ichs als emer Summe von Bewußtseinszu-
ständen widerlegt sich schon dadurch, daß das Wichtigste an den seelischen
Vorgängen unterbewußt ist. Der ganze Mechanismus der menschlichen
Fähigkeiten ist uns verborgen und entzieht sich größtenteils der
Beeinflussung durch unseren Willen. Das Ich ist also keine Summe von
Bewußtseinszuständen, denn das Bewußtsein ist nur ein kleiner, in bestimmter
Richtung orientierter Ausschnitt unserer seelischen Totalität.
Zur Widerlegung der Annahme einer absoluten Gebundenheit des Seelischen
an das richtige Funktionieren des Gehirns, bringt Geley eine
Reihe von durch Aerzte gründlich beobachteten Fällen, in welchen
schwerste Gehirnverletzungen keine unmittelbaren Störungen des Bewußtseins
mit sich brachten. Das Seelische reicht also nicht nur viel
weiter als das bewußte, es reicht auch1 weiter als das durch Gehirn-
vorgärige bedingte. Höchst interessant ist Geleys Darstellung der philosophischen
Theorien der Entwicklung; er gibt darin ein feines kritisches
Bild von Bergsons Gedankenwelt. Unter allen Philosophen stellt Geley
Schopenhauer am höchsten, so sehr er sich in mancher Beziehung von
ihm entfernt.

Unter den Folgerungen, die Geley im zweiten Buche seines Werkes
zieht, steht obenan die Annahme, daß das individuelle seelische Prinzip
unzerstörbar ist, und daß die Seele sich durch immer neue
Wiedergeburten vom Unbewußten zum Bewußten erhebt; da das Seelische
weitgehend vom Körperlichen unabhängig ist, muß es den Tod
des Körpers vermutlich überdauern. Jede neue Verkörperung der Seele
auf der materiellen Ebene bringt eine Begrenzung ihrer psychischen
Tätigkeiten in einer bestimmten Richtung mit sich, die vorgeschrieben
ist durch die Möglichkeiten der Gehirntätigkeit und des zerebralen Gedächtnisses
: über diesem Gedächtnis aber steht das unzerstörbare, nicht
auf materiellen Spuren beruhende Gedächtnis an die Gesamtheit der
früheren Erlebnisse. Wenn hiernach die menschliche Seele die Tendenz
hat, sich stets in neuen Formen mit begrenztem Bewußtseinskreis zu
verkörpern, so wrerden die meisten Geistesstörungen beruhen auf einer
Störung der Beziehungen der Seele (des psychischen Dynamismus) zu
dem jeweiligen Bewußtsein. Das Auftreten von Persönlichkeitsspaltungen
erklärt sich dadurch, daß die Neigung der Seele, sich im Laufe der Zeit
immer wieder mit einem neuen Bewußtseinskreis neu zu verkörpern,
dahin umgebogen wird, daß sich gleichzeitig zwei oder gar mehrere
solcher Bewußtseinskreise in der Seele bilden. Geley meint, daß manche
sekundäre Persönlichkeit nur die schlecht eingeordnete und autonom


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