http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1923/0339
338 Psychische Studien. L. Jahrgang. 7. Heft. (Juli 1923.)
zu verletzen. Ich erlitt aber starken Blutverlust und eine schwere
Gehirnerschütterung. Einen zweiten Prellschuß bekam ich bei Fort
Vaux gegen 'die rechte Stahlhelm platte, wobei der Stahlhelm zerschlagen
sowie das Ohr zerfetzt und das Trommelfell beschädigt wurde. Im
Anschluß daran litt ich an nervöser Herzbeklemmung mit Angst-
anfälien (Flinsberg i. Schi.), plötzliche, unmotivierte Anfälle mit Beklemmung
und Angst, die sich bis zur Ohnmacht steigerten, krampfartige
Erscheinungen, Zuckungen, das Bewußtsein war oft nicht ganz weg,
es war wie eine Gewalt, die mich hinten überzog.
(Unterschriften der Teilnehmer.)
Es ist eigenartig, in wie starkem Maße die durch den Prellschuß
verursachten nervösen Empfindungen wiedergegeben werden. Was die
Versuchsperson hier schildert, ist weniger die Reproduktion der Kopfbeschwerden
, wie sie zurzeit empfunden werden, als das Bild des beginnenden
hysterischen Anfalls, an dem Patient im Anschluß an seine
Verwundung in Verbindung mit nervösen Herzkrämpfen litt. Das Beispiel
zeigt, daß die Diagnosen richtig „verstanden" werden müssen.
8 Versuch am 16. November 1922.
Frau M. R., 53 Jahre alt, Mitglied der D. W. O. G.
Anwesend: Kröner, Frau F., Frau R.
Die Patientin ist den beiden Experimentierenden persönlich flüchtig
bekannt. Bezüglich ihres Leidens ist beiden nichts bekannt, es ist
auch nichts diesbezügliches an ihr wahrzunehmen, was auf irgendwelche
Krankheitszustände schließen ließe. Sie erhält Weisung, sich in keiner
Weise ungefragt zu äußern.
Medium ist wach.
Med.: Ich suche ein Gefühl zu umreißen, das ich im Kopfe habe,
ohne daß ich es bis jetzt prägnant kann. Ich möchte es als eine Spannung
bezeichnen, die sich so ganz merkwürdig ausbreitet: von einer Seite des
Kopfes (links) anfangend, und zwar direkt über dem Ohr (die betreffende
Stelle ist bei Nachuntersuchung stark druckempfindlich), und von da
aus breitet sich eine Nervenspannung über den Kopf aus. Auch etwas
über das Gesicht hinunter, als ob die Nerven kolossal überspannt
werden. Der „Vagus" ist doch der Nerv, der die Hemmungen regiert?
Dieses Gefühl, was da anfing, geht mir weiter bis in die Hände, aber
stärker. Es läuft vom Ohr zum Nacken, über die Schultern in
die Hände. Jetzt spüre ichs auch in der anderen Seite. Es ist so
sonderbar — ein Nervengefühl. Eine Nervenspannung, die durch den
ganzen Körper geht, teils spannend, teils schmerzhaft ist. Ich möchte
also die Kiankheit unbedingt in dem Zustand der Nerven suchen.
(Sie geht Lunge, Herz, Magen, Leber durch und konstatiert eine
Müdigkeit im Kreuz, ferner eine Druckempfindlichkeit des Leibes in
der Nähe der Blinddarmgegend, „aber nicht am Blinddarm selbst". Endlich
stellt sie fest, daß ein außerordentlich starker*Magnetismus von der
Patientin auf sie ausgehe. [Pat. soll tatsächlich medial sein.]) —
Das bestätigt mir, daß alle Beschwerden der gnädigen Frau in
den Nerven ihre Ursache haben, und zwar in einer kolossalen Ueber-
spannung der Nerven, einer Ueberspannung des Vagus.....
(Bis hierher ohne Zwischenfrage.)
Kr.: Besteht irgendeine wichtige lokale Beschwerde?
Pat.: Ja, Beschwerden im Leib.
M e d.: Ausgehend von dem Druck, von dem ich vorhin sprach,
der nach der Unterbauchgegend ging und sich nach oben ausbreitete,
bis etwa über den Nabel. Da habe ich vorläufig das Gefühl, als ob
das quellen würde, als ob sich da was staut. Nun kommt das Komische:
ich kann's nicht als eine ausgesprochene Darmsache finden (hustet
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1923/0339