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Böhm: Antithese zum Vererbungsproblem. 353
nisches begabt — ist auch kantig — läßt sich nicht gerne etwas
einreden — hat auch etwas Ablehnendes in sich — er ist kompliziert
— man muß ihn mit Gemütsruhe behandeln, aber eine
gewisse Energie ist am Platze — Lerntalent — gut begabt —
gleichgültig und dann plötzlich wieder eifrig — im Grunde eigentlich
anschmiegend — kann sich aber auch verhärten — starke
Kontraste — leicht gekränkt — stolz — viel Ehrgefühl — möchte
eine Rolle spielen — selbstständig, flink — Finger beweglich —
nervös — zierlich gebaut — elastisch in seinen Bewegungen."
(8. 5. 22.)
Eine Frau K., welche ich ersuchte, sich in die (gleiche) Person
einzufühlen, an die ich eben denke, erwiderte, sie könne das nur,
wenn ich ihr das Geburtsdatum der Person mitteile. Da es mir
nicht bekannt war. nannte ich aufs Geradewohl einen (falschen)
Tag des Monats Juli. Frau K. äußerte: „Es handelt sich um einen
Knaben; der Junge zeigt Vorliebe für Instrumente und Werkzeuge
, zerlegt alles, geht allem auf den Grund — möchte genau
wissen, wie es aussiejht und geht — ist sehr wissensdurstig -
lernbegierig — er zeigt sich nicht gerade verstockt — muß aber
unter richtige Menschen kommen." (29. 5. 22.)
Einer Frau J. gab ich im verschlossenen Umschlag einen Brief
der Mutter des in Rede stehenden Knaben in die Hand. Nachdem
sie mir zunächst typische Charaktereigenschaften der Dame
angegeben hatte, fuhr sie fojt: Sie hat einen Buben, der hat
schönes, schmales Gesicht — blaß — eigensinnig — manchmal
jähzornig — zerstreut — sehr geweckt —- manchmal abstoßend
- manchmal etwas träge - soll etwas tun, mag dann nicht -
viel Widersprüche — hat oft eigene Sachen und Gedanken —
man muß ihn besonders anpacken, nicht zu weich und nicht zu
hart — sonderbarer Kerl — rauh — fast ähnlich brutal — möchte
manchmal wohl anders sein — es tut ihm leid, daß er so ist —
wie etwas Verstocktes — von Vater und Mutter sind Einflüsse
da, die sich im Kind * bekämpfen — in dem Knaben sind Unebenheiten
— nicht gleichmäßig ausgebildet. (27. 7. 22.)
Keine der drei Einfühlpersonen B., K., J. kennt den Knaben
und den Aufenthaltsort; auch wußte keine, daß noch von einer
anderen Seite in dieser Sache eingefühlt wurde. Einige Monate
später war mir Gelegenheit gegeben, den Jungen, den ich nur
wenige Male gesehen hatte, mehrere Tage in der Familie und
im Umgang mit Schulkameraden und erwachsenen Personen
zu beobachten, und ich muß erklären, daß die von den drei
Seiten gemachten Angaben in jeder Beziehung richtig sind. Beachtenswert
ist die Uebereinstimmung der drei unabhängig voneinander
geschehenen Äußerungen und dabei die Verschiedenartigkeit
der Hilfsmittel zur Konzentration.
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