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364 Psychische Studien. L. Jahrgang. 8. Heft. (August 1923;.
der Naturwissenschaftler vertretene Meinung,
es handle sich in solchen Fällen um einen „psychischen
" Belag, ist sicher falsch, wie wohl auch
die Hypothese, in der Keimzelle seien irgendwie
materiell diei seelischen Eigenarten an»
gelegt, in der chromatischen Substanz der Zellkerne
finde die Aufspeicherung der Engramme
statt!
Wenn man die beiden Annahmen: „Vererbung" durch das
Keimplasma und „Erfühlen" aus dem Erinnerungsschaitze der
Vorfahren gegenüberstellt und fragt, für welche weniger Anhaltspunkte
und Beweismöglichkeitenl vorhanden sind, so muß
der vorurteilslose Beurteiler die erste Hypothese nennen.
Sobald sich durch genaue Nachforschungen bei vielen kinderreichen
Familien, besonders auch bei solchen* in denen Blutsverwandte
einander heirateten (Inzucht), die Richtigkeit meiner
Antithese ergibt, wäre der eigentliche Zweck des
außersinnlichen Erfühlens erkannt und die
Schwierigkeit dasselbe verständlich zu finden, behoben.
Der praktische Wert des Einfühlens seitens einer
geprüften und für befähigt befundenen Person steht heute
schon außer Zweifel. Als Hilfsmittel („Pfadfinder") zur Selbsterkenntnis
, für die Erziehung in Haus und Schulen, bei der Berufs
- und Gattenwahl, zur Aufdeckung des Innenlebens! von
seelisch Entgleisten und Psychopathen, bei der ärztlichen Diagnosestellung
und der Charakterbeurteilung eines Angeklagten
wird das Einfühlen künftig gute Dienste leisten können, wenn
es unter sachverständiger Ueberwachung geschieht. Im Dienst
der Kriminalistik zu verwerten, möchte ich ohne Beiziehung
eines Sachverständigen auf diesem Gebiete sehr abraten!
Gleich der Suggestion und Hypnose dürfte jetzt auch das
„außersinnliche Einfühlen", welcher Begriff „Telepathie"1 und
„Hellsehen" einschließt, dem' Gebiete des „Okkultismus" entrissen
und einem neubegründeten Gebiet einzuverleiben sein,
das der hypnotischen Selbstbesinnung und der Traumanalyse
ebenbürtig gleichzuordnen wäre.
lieber sichtliche Zusammenstellung.
I. Eigene frühere giemütsbe wiegende Erlebnis^ tajucheiü im
Bewußtsein wieder auf:
1. in der ursprünglichen Gestalt
a) vorübergehend: Erinnerungen (normaler Vorgang
),
b) bleibend: Zwangsgedanke, Gemütsverstimmungen, Gewissensbisse
;
2. in symbolischer Gesifalt
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