http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1923/0393
392 Psychische Studien. L. Jahrgang. 8. Heft (August 1923),
herum. Wahrscheinlich sind das auch Drüsen. Bei Fieberanfällen
schwitzt sie.
Krön er: Ist sie sehr kachektisch?
Dr. Älders: Nein, sie kann dabei aufstehen.
Krön er: Ueberlegen Sie nochmal!
Med.: Die Lunge nicht.
Krön er: Aber Bronchialdrüsentube rkulose?
Med.: Ist mir nicht eingefallen. Jetzt bin ich beeinflußt.
Aber ich muß es wegschieben. Ich seh's nicht, obwohl die Disposition
sehr geeignet für Tuberkulose ist. Wenn man kolossal die Hautatmung
heben würde. — Es ist, wie wenn die Atmungsorgane vom
Mund bis zur Haut nicht funktionieren würden, während die Lungen
frei, aber nur eingeschlossen sind.
Dr. A1 d e r s: Die Drüsenschatten sind sehr scharf abgegrenzt, wie
verkalkt. Charakteristisch ist das Hüsteln.
K r ö n e r: Halten Sie es für skrofulös?
Med.: Das ist nicht das richtige Wort. Es ist etwas mehr. Ich
kann nur immer wieder sagen, das ganze Schleimhautsystem ist ergriffen
.
Dr. Alders: Die Symptome stimmen genau
Kröncr: Wie ist die Prognose?
Med.: Durchaus hoffnungsvoll! Hat sie Verdauungsstörungen
?
Dr. Alders: Ja, beim Fieber.
Med.: Ich habe einen Druck, Stauung! Das ist durchaus in den
Därmen. Es ist nichts besonderes. Es stört. Und jetzt — ich wußte nämlich
nicht, ob ich das selbst bin —, wo ich's gesagt habe, ist es weg.
Also war's doch die Patientin.
(Unterschrift sämtlicher Teilnehmer.)
Diese Diagnose ist so interessant, daß ich sie im vollen Wortlaut
mitgeteilt habe. Ganz abgesehen von der Prägnanz, mit der die Krankheitserscheinungen
— das Hüsteln, das Fieber, die Hautgefühle —
wiedergegeben werden, ist die Konsequenz zu bewundern, mit der das
Medium an seiner Meinung gegenüber den drei Aerzten festhält. Es
läßt sich weder die Tuberkulose noch die Skrofulöse aufdrängen und
erklärt die Prognose für durchaus hoffnungsvoll im Gegensatz zu den
Aerzten. Die Patientin ging dann in die Behandlung des Herrn Prof.
Fleischmann, Berlin, über, der das Leiden gleichfalls für eine Bron-
chialdrüsentuberkulose erklärte. Aber schon nach wenigen Wochen und
einigen Röntgenbestrahlungen trat völlige Heilung ein, so daß — wie
mir Dr. Alders berichtet hat — Prof. Fleischmann seine Ansicht bezüglich
der Tuberkulose modifizierte. Es wurde nunmehr angenommen,
daß es sich um eine nichttuberkulöse, entzündliche Drüsensch vellung,
sog. Lymphgranulom, gehandelt habe, ein klinisch immerhin recht
seltenes Ereignis. Gerade dieser Versuch macht die Annahme telepathischer
Beeinflussung durch den Arzt recht, unwahrscheinlich, und
legt die Hypothese direkten Hellfühlens nahe. Auch das „Kausalgefühl
" spielt dabei eine Rolle.
12. Versuch, im Frühjahr 1922.
Dieser Fall wird aus besonderen Gründen mitgeteilt, obwohl er
nicht in der gleichen Weise zu Protokoll gebracht wurde wie die übrigen
Experimente, da ich bei dem eigentlichen Versuch nicht zugegen war.
Mein Gewährsmann ist Herr Dr. jur. Carl Hegemann, Berlin, Ludwig
Kirch-Straße, der der Fragesteller war. Gelegentlich eines Beisammenseins
hatte er Frau F. gebeten, ihm zu sagen, was seiner Kusine,
Frau W., fehle, die seit 1^2 Jahren schwer leidend sei.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1923/0393