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Albert: Okkultismus und Wertethik.
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dafür zu geben, weshalb wir den Begriff „Wert" gerade so definieren
, wie wir es sogleich tun werden. Wer die Schwierigkeiten
kennt, die dieses Wort in sich birgt, dürfte das verstehen, und
ihm wird es genügen, wenn wir nur kurz darauf hinweisen, daß
wir nicht, wie manche es tun, die Werte als bloß relativ, bloß
subjektiv existierend ansahen, daß wir auch nicht einige Werte für
absolut und einige für relativ erklären, sondern daß wir ein
absolutes Sein aller Werte .annehmen. Wir schließen uns hier an
Max S c he 1 er an, der sein System der Ethik in den außerordentlich
tiefen Büchern „Der Formalismus in der Ethik und die materielle
Wertethik" (2 Bände, Halle 1913—16) und „Zur Phänomenologie
und Theorie der Sympathiegefühle und von Liebe und Haß"
(Halle 1913) niedergelegt hat. Die Werte sind reine Qualitäten,
die an Dingen und Personen erscheinen, und bestehen als solche
absolut; ihre sogenannte „Relativität" ist daraus zu erklären,
daß wir gewissen Werten vor anderen den Vorzug geben. Scheler
stellt eine Wertrangordnung in vier Stufen auf. Die
unterste Stufe bilden (die Werte des Nützlichen und Angenehmen
, als „Hassenwerte" bezeichnet. Auf der zweiten
Stufe stehen die Le benfewerte, zerfallend in „edle" und
„gemeine"; hierher gehören besonders die vitalen Zustands-
gefühle und Haltungen (z. B. Gesundheits- und Krankheitsgefühle
), Mut, Zorn, Fremde, Kummer. Die dritte Stufe ist die
der geistigen Werte, womit die ästhetischen Werte, die
Weile des Rechts und der Sittlichkeit und der Wert der Wahrheitserkenntnis
gemeint sind. Die vierte und höchste Stufe endlich
nimmt der Wert des Heiligen ein, ein Wert, demgegen-
• über die Menschen an den Haltungen des Glaubens, der Ehrfurcht
und der Anbetung verharren. Diesen Wertstufen entsprechen
nun die Arten des Glücks, von der sinnlichen Lust bis zur Seligkeit
aufsteigend. Ebenso gibt es für jede Wertstufe einen Vorbildtypus
, d. h. eine Idealperson die den betreffenden Wert rein
in sich trägt, beginnend mit dem Künstler des Genusses und beim
Heiligen endend.
Doch wir halben es hier ja ausschließlich mit den ethischen
Werten, den Werten „Gut" und ,,Böse" zu tun. Sie erscheinen
nie an Dingen, sondern nur an Personen; und «damit gelangen wir
mm Begriff der Person, der am Mittelpunkt der Ethik
steht. Die Person ist die Vollzieherin der geistigen Handlungen
oder „Akte", und das Eigentümliche ist, daß nicht die Taten als
solche gut oder böse sind, sondern die Person selber ist, bevor sie
bandelt, in ihrem Kern gut oder böse. Die Handlungen sind
Abbilder, Offenbarungen der Person, und auf je höhere geistige
Werte sie sich richten, um so höher steht die sittliche Beschaffenheit
der Person. Ihre höchste Offenbarung aber ist der Akt
der Liebe, und diejenige Person, die imstande ist, grenzenlos
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