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420 Psychische Studien. L. Jahrgang. 9. Heft. (September 1923.)
tismus hat die Wissenschaft, als sie die Tatsachen nicht mehr
leugnen konnte, unter dem Bilde der Suggestionslehre anerkannt,
was nach meiner Meinung allerdings falsch ist (vergl. „Das
Problem des Hypnotismais" in der Sammlung „Okkulte Welt").
Und der Umstand, daß eine Sache nachgemacht werden kann,
ist bekanntlich, wie auch von anderer Seite unter Hinweis auf
Banknoten, Haare, Zähne und Kaffee oder ähnliches immer
wieder betont wird, kein Grund, das Vorhandensein ihres echten
Urbildes abzulefugnen.
Allerdings tut man gut, wenn es sich am das angebliche telepathische
Zusammenarbeiten zweier sonst unbekannter Personen
handelt, namentlich wenn dieses Zusammenarbeiten Erwerbszwecken
dient, recht mißtrauisch zu sein. Denn das, was da geboten
wird, ist nur allzuoft kunstvolle, mitunter schwer zu entdeckende
Trickarbeit. Wer sich daher auf dem Gebiete der Telepathie
nicht mit den reichen Erfahrungen begnügen will, die in
der Fachliteratur niedergelegt sind, tut gut daran, sich mit geeigneten
Versuchspersonen selbst in Beziehung zu setzen. Nim
kommen die Gegner, die weder die Literatur, noch die Experimente
kennen, immer wieder mit dem Einwände des Muskel-
Jesens. Es ist richtig, daß bei den vor Jahrzehnten von Stuart
Cumberland gezeigten und seitdem unendlich oft als Gesellschaftsspiel
wiederholten Experimenten, die im Aufsuchen verborgener
Gegenstände unter Mithilfe einer eingeweihten, den
Experimentator „führenden" Versuchsperson bestanden, Gelegenheit
zum Fühlen unwillkürlicher Muskelbewegungen vorlag.
Eine solche kann aber nicht bestehen, wenn, wie oft genug in
der modernen Telepathie, ohne Berührung gearbeitet wird *),
oder wenn es sich um die Übertragung optischer Eindrücke
handelt (vergl. u. a. meine Arbeiten „Suggestion, Hypnose und
Telepathie", Bergmann 1920 und „Der Streit um die Telepathie",
„Psych. Studien" 1921).
Auf der anderen Seite ist richtig, und auch von mir iu den
erwähnten Arbeiten beschrieben, daß die Berührung die Übertragung
erleichtert. Meine frühere Versuchsperson, Frl. v. G.,
pflegte, um die Empfindung zu verstärken, meine Hand
gegen ihre Stirn zu pressen. Will man jedoch den unmittelbaren
Kontakt vermeiden und kommt ohne ihn nicht zum Ziele, so
empfiehlt sich, die Verbindung mit einem Metalldrahte herzustellen
, wie dies Naum Kotik („Die Emanation der psycho-
physischen Energie", Bergmann 1908, und Durville „Die Physik
des Animal-Magnetismus", deutsch, Leipzig 1912) getan haben.
Wird ein solcher Draht locker gehalten und bleibt der Auftraggeber
hinter der Versuchsperson, so entfällt wohl der Einwand,
*) Die Priorität dieser Vorsehauordnung nimmt Hoinr. Johaimsen für
sich in Anspruch. (Ps. Stud. 1921, S. 367.)
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