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Kindborg: Das Wesen der Telepathie.
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Tode ihres Mannes wurde Frau B. der Zusammenhang Mar, daß
Otto Be . . . der Name eines Bruders war, den ihr Mann ihr und
ihrer Familie stets unterschlagen hatte. Er hatte nämlich ge*
fürchtet, weil dieser Bruder nichts taugte, eventuell die Hand
seiner künftigen Gattin nicht zu erhalten. Die Übertragung war
also hier offenbar aus dem Bewußtseinsinhalt des Ehemannes
gegen dessen Willen erfolgt. Vielleicht noch schöner ist folgender
Fall, dessen Schilderung ich Herrn August Friedrich Krause,
Schriftsteller in Breslau, einem guten Kenner und scharfsinnigen
Beobachter aller „okkulten" Ereignisse verdanke. Dieser Herr
besitzt im Verein mit seiner Gattin, die ebensowenig im Sinne
des Offenbarungsspiritismus eingestellt ist, die Fähigkeit des
automatischen Schreibens a)m Glase (siehe meine Mitteilung in
dieser Zeitschrift über Spuk). Eines Tages schrieb das Glas in
Gegenwart zweier tremder Herren den Vornamen „Robert". Als
sich zunächst keiner der Anwesenden entsann, einen Robert zu
kennen, schrieb das Glas weiter den Nachnamen „GTJDA". Die
Frage, ob ein Robert Guda bekannt sei oder gewesen sei, wurde
von den Anwesenden zunächst verneint, bis ihnen plötzlich einfiel
, es können vielleicht „DUDA" gemeint sein. Gefragt, ob
dies der Fall sei, antwortete das Glas mit „ja". Nun fragten die
Anwesenden weiter, an welchem Ort sie mit dem Genannten zusammen
einen Kursus geleitet hätten, und legten zugleich, ehe
die Antwort kam, den Ortsnjamen (es war Friedenshütte), den am
Glase Sitzenden unmerkbar, schriftlich nieder. Und siehe da,
das Glas schrieb den richtigen Ortsnamen. Weiter gefragt, ob die
sich auswirkende „Intelligenz" noch lebe, bezeichnete sie sich
als gestorben, im Kriege gefallen, und gab einen französischen
Ortsnamen an. Dies wäre der schönste Beweis für die Anmeldung
eines Verstorbenem gewesen, wenn{ nicht die Nachforschungen
ergeben hätten, — daß Robert Duda noch lebte.
Die Namensnennung! war also einfach dem Bewußtseinsinhalt
der Anwesenden entsprungen, ohne daß er in deren Oberbewußtsein
eingestellt gewesen wäre. Ähnliche Fälle kommen auch
sonst vor, und der immer wieder gehörte Einwand, es könne sich
nicht um Telepathie handeln, weil der unfreiwillige Gedankengeber
im Augenblick gar nicht an diesen Bewußtseinsinhalt gedacht
habe, ist hinfällig.
Ähnlich verhält es sich mit den Fällen, wo nicht exakt der
experimentell gedachte Inhalt, sondern ein anderer Teil des damit
zusammenhängenden Vorstellungskomplexes übertragen wTird.
Ich erinnere an den Fall von Hofmann und Freudenberg („Psych.
Studien'* 1921), wo der Empfänger eine Figur auf der Bonner
Rheinibrücke telepathisch nicht wahrnahm, weil er sie nicht
bannte, dafür aber eine andere an der nämlichen Stelle, die als
Architektenscherz ungleich bekannter war. Hinzufügen kann ich
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