Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
50. Jahrgang.1923
Seite: 485
(PDF, 183 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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Kröner: Ueber medizinisches Fernfühlen

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Analyse. Fall 1.

Bei diesem Experiment ist der Skeptiker, trotzdem der Versuch als
durchaus geglückt zu betrachten ist, am .ehesten in der Lage, kritische
Einwendungen zu machen und eine Hypothese aufzustellen, nach der eine
ganz natürliche Deutung des Ergebnisses möglich erscheint. Man könnte
diesen Versuch mit dem bekannten Auffinden eines versteckten Gegen-
Standes durch unbewußtes Muskellesen vergleichen. Es wäre z. B. denkbar
, daß die Versuchsperson der Reihe nach von oben nach unten die
verschiedenen in Betracht kommenden Lokalisationen aufzählt, und durch
die unbewußten Zustimmungs- oder Abiehnungsäußerungen des Ver-
suchsteiters die falschen Lokalisationen auszuscheiden imstande ist. Ist
dann die richtige Körperregion herausgefunden, so läßt sie sich durch
Fragen auf das richtige Organ und schließlich den Krankheitsprozeß
leiten. So bestechend eine solche Annahme auf den ersten Augenblick
erscheint, so wenig stichhaltig erweist sie sich beim näheren Zusehent

Zunächst muß betont werden, daß man niemals den Eindruck hat,
die Versuchsperson beobachte die Versuchsteilnehmer; vielmehr scheint
ihre ganze Aufmerksamkeit nach innen gerichtet. Sie denkt stark nach
und hat dabei die Augen fest geschlossen. Da sie außerdem »stark kurzsichtig
ist, ist sie an und für sich sehr w'einig geeignet zu genauer Beobachtung
von äußeren Vorgängen. Die tastende Art des Vorgehens
ist charakteristisch auch bei solchen Fällen, wo» kein Anwesender den
Krankheitsfall kennt, ein Erraten also gar nicht in Frage kommt. Die
Fragen des Versuchsleiters sind auch keineswegs suggestiver Atrt, so
daß aus ihnen der engere ßefund hätte erraten werden können. Im
Gegenteil hätte man sie auch als Vexierfragen auffassen können, die, unter
Umständen völlig in die Irre leiten. Wollte man ein Erraten annehmen*
so wäre es immerhin außerordentlich auffällig, daß so häufig hintereinander
zwischen einer Mehrzahl von Möglichkeiten immer wieder die
richtige getroffen und festgehalten wird.

Ein Schönheitsfehler kann z. JB. in dem \Auftauchen der Nieren«
lokalisation gefunden werden, die nachher wieder in der Versenkung
verschwindet. Bemerkenswert ist auch, daß ein absichtlich irreführender
Hinweis auf den rechten Eierstock abgelehnt wird.

Im übrigen ist die Differentialdiagnose als durchaus geglückt zu bezeichnen
. Art und Lokalisation des Schmerzes ist gut getroffen, ebensq
das Geschlecht des Patienten, die Beteiligung des linken Eierstockes,
der entzündliche Charakter des Prozesses und die Möglichkeit des
Aborts. Das Resultat enthält die beiden Diagnosen, die gestellt worden
waren, betont den entzündlichen Charakter des Prozesses, während es
die Möglichkeit der Schwangerschaft offen läßt. Pathologisch-anatomisch
besteht allerdings eine Differenz, indem ärztlicherseits eine Entzündung,
der Gebärmutter und des Beckenbauchfells angenommen wird, während
die Versuchsperson den Prozeß in die Adnexe verlegt. Nachgetragen
soll werden, daß es sich tatsächlich um eine Fehlgeburt gehandelt hat.

Zusammenfassend kann man ,wohl sagen, daß der Versuch für sich
allein einen sog. okkulten Zusammenhang nicht mit Sicherheit beweisen
würde. Erst wenn man ihn mit den übrigen Versuchen zusammenhält,
bei denen die obenerwähnten Einwände wegfallen, wird auch für dieses*
Experiment die Tatsache eines parapsychischen Phänomens wahrscheinlich
, i

Ob in diesem Fall echtes mediales Fernfühlen, d. h. eine,direkte
Subjekt-Objektbeziehung zwischen Medium und Patienten stattgefunden
hat, oder ob telepathische Uebertragung von Vorstellungen des Vier«
suchsleiters vorliegt, kann nicht mit Sicherheit entschieden werden.
Zweifellos spielen telepathische Momente eine Rolle, Im großen und»
ganzen aber hat man hier nicht so sehr den Eindruck einer ausschließlich
begrifflichen oder visuellen Uebertragung, als den eines Nachfühlens
vom Patienten empfundener Beschwerden, die aber dem Versuchsleiter
wohl bekannt waren.


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