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496 Psychische Studien. L. Jahrgang. 10. Heft. (Oktober 1923.)
könnten, Bewußt hat Frl. V. sicher nicht an die beiden Ausdrücke
gedacht. *
Noch schwieriger fast ist die Erklärung der Phänomene des nächsten
Tages. Erst müßte der Fluidal der Frau V. ausgetreten sein und die
Margueiite auf die Tasten gelegt haben (ein Vorgang ohne experimentale
Analogien, da sich Frau V. an dem Spätnachmittag keinen Augenblick
im Halbschlaf oder Trance befand), dabei müßte er irgend etwas
Merkwürdiges mit dem Stiel der Marguerite angestellt haben, um die
Austtocknung desselben zu bewirken. Dann hätte der Fluidal Frau
Vollhart selber berührt und erschreckt, während sie zum Fenster
hinaussah. Endlich hätte er die Klinke zum Nebenzimmer heruntergedrückt
, die Tür geöffnet, Klopf laute im Flügel hervorgebracht und
über die Saiten gestrichen, ungestört von der Erregung der Tochter
und vor allem des Mediums selber, seinem eigenen Ausgangspunkt —
also etwas noch nie Beobachtetes bei experimentellen Fluidalstudien,
Zwei Tage später wäre dann der Fluidal auf den Einfall gekommen,
mitten während seiner Abendunterhaltung, die nichts mit dem Phänomen
zu tun hatte, zu klopfen, sich wieder als Ernst Schumann zu melden,
ein Urteil über das Spiel und einen Rat zu geben und sich 'einstn
weilen — vielleicht für immer — zu verabschieden.
Was sagt demgegenüber der Spiritist: Ernst Schumann, der als
selbstbewußtes Ego in einem feinstofflichen Leib nach seinem Tode
1918 fortgelebt hat, hat irgendeine Kunde davon erhalten, daß ihm
die Medmmschaft der Mutter seiner Jugendbekannten Gelegenheit zu
einer Aeußerung in der physischen Welt geben könnte, meldet sich mit
einer für ihn charakteristischen Frage und Bi*te. in einer Art, wie sie
bei Auffrischung von Jugenderinnerungen unter alten Bekannten üblich ist.
Frau Vollhart leiht ihm nun die odische Kraft für die Klopflaute, für
die Berührung, die Herbeischaffung der Marguerite, die Oeffnung der
Tür, das Streichen über die Saiten. Was gezwungen erscheint — betrachtet
man es als Inszenierung des schauspielernden Fluidals der Frau V. —,
wiid einfach und natürlich, wenn man es als von Sch. selber ausgehend
annimmt. Die Rollen, die gewisse aus dem Medium abgespaltene Persönlichkeiten
spielen — man vergleiche etwa Flournoys, Staudenmaiers
und Dessoirs Untersuchungen — haben immer eine längere Dauer
der Entwicklung und Ausbildung und stehen fast immer zu dem bewußten
oder erst durch Psychoanalyse zu ermittelnden unterbewußten
Affektleben des Mediums in Beziehung. Hier müßte Frau V.s Unterbewußtsein
gerade vier Tage lang, allerdings mit Meisterschaft, ihrer
Tochter einen verstorbenen Jugendfreund vorgespielt haben, der Tochter,
die nicht an diesen Verstorbenen dachte und hundertfach von der Mediumschaft
ihrer Mutter überzeugt war, also dieser Demonstration nicht
beduift hätte. (Schluß folgt.)
Deutsche Oesellschaft für wissensch. Okkultismus (I). G. W. 0.>
Geschäftsstelle: Berlin SO 16, Adatyertstr. 30
Vortragsänderung: Vortrag Holländer-Kröner (s. Sept.-Heft S. 464) hat am
13. 9. stattgefunden. Die Vorträge Grunewald (Bericht Warschauer Kongreß) und Erdmann
finden am 11. Oktober statt. Zahlreicher Besuch gütigst erbeten! —
3. Am Donnerstag den 25. Oktober, abends 7,i0 Uhr: Herr Dr. Qu ade über: „Physik und Psychik
des Spukes4*.
4. Am Donnerstag den 8. November, abends 7,30 Uhr: Herr Oberingenieur Oramatzki über:
„Okkulte Physik".
5. Am Donnerstag den 22. November, abends 7,30 Uhr: Herr Dr. med. Kröner über: „Okkulte
Diagnostik".
6. Am Mittwoch den 12. Dezember, abends 7,30 Uhr: Herr Dr. med. Schwab Über: „Systeme
okkulter Schulungen und ihre theoretischen Grundlagen".
Veröffentlichungsblatt der Oesellschaft sind die „Psychischen Studien", die den Mitgliedern mit
einer Ermäßigung von 25°/0 vom Velrag Oswald Mutze, Leipzig, Lindenstr. 4, direkt zugestellt
werden. Zahlungen für die Oeseilschaft erbeten auf Postscheckkonto: Berlin NW. 7, Nr. 87 950.
1. A.: Die Geschäftsstelle. O. Erdmann, Ing.
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