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504 Psychische Studien. L. Jahrgang. 11. Heft. (November 1923.) ,
Zachara hörte auch, wie die Kiste lange und kräftig geschüttelt
wurde und ein Umblättern in den Büchern zu erfolgen schien.
Dann wurde ein Buch in die Mitte des Zimmers geschleudert. Sofort
bückte er sich und forschte unter dem Bette nach irgendeinem
künstlichen Instrument, fand aber nichts. Vor allem jedoch
stellte er fest, daß unter dem Strohsack zwischen den
Brettern des Bettes kein Spalt vorhanden war, durch welchen die
auf dem Bett liegenden Knaben nach der Kiste hätten hinlangen
können. Es wurden dann noch etliche Fragen an den Geist gerichtet
, ühre schriftliche Beantwortung aber durch einen Doppelschlag
abgelehnt. Vielleicht darf man annehmen, daß die genaue
Untersuchung des Bettes die zur Bildung der materialisierten
schreibenden Hand nötigen Fluide zerstört hatte.
Am nächsten Abend, Samstag, den 9., war zunächst wiederum
Pfarrer 0 s a d k a und außer ihm noch ein Herr P o s c h k o zugegen
. Jetzt meldete sich wieder, durch Scharren, Poltern und
Kratzeu in der Kiste, jene andere Intelligenz, die sich zuletzt
vor sechs Tagen manifestiert hatte, und sieh von dem viel sanfter
auftretenden Wasilko deutlich unterschied. Osadka betete verschiedene
Gebete —- eine Zeitlang herrschte Ruhe, dann begann
das Rumoren von neuem. Schließlich ertönte wieder das andersartige
leise Klopfen. Auf die Frage Osadkas, was dann jenes
für eine Seele wräre, erfolgte auf Zetteln die Antwort, es sei ein
ekliger Geist, der wiederkommen werde, den die Anwesenden
nicht vertreiben könnten, weil er büßen müsse.
Damals war nun auch schon die Frage erwogen worden, ob
man sich nicht nach Lemberg an das dortige erzbischöfliche
Ordinariat mit der Bitte um Entsendung einer Untersuchungskommission
wenden solle. Als Osadka den Wasilko fragte, ob
die Kommission kommen dürfe, erfolgte Zustimmung. Nur von
„Experimenten" wollte er nichts wissen. Für diesen Abend war
auch der junge Sirko eingeladen worden, den man zwei Tage
vorher nicht hineingelassen hatte. Er verspätete sieh aber und
wurde nur noch Zeuge der Erregung, die sich besonders der beiden
fremden Herren über das Auftreten der „ekligen Seele" bemächtigt
hatte. Das Blatt, auf dem Wasilko von diesem ekligen
Geiste gesprochen, konnte er noch in Augenschein nehmen.
Am nächsten Tajje, einem Sonntage, versammelte sich eine
größere Anzahl von Menschen im Pfarrhause, unter ihnen Sirko
mit Fra/u, ein Professor J u r y c u k, Pfarrer Osadka, Pfarrer
Kosacevsky und der Gendarmerieposten - Kommandant.
Gleich zu Anfang hörte man ein unangenehmes Kratzen, wie von
einer Katze, das aber einem sanftem Klopfen Platz machte, als
die Anwesenden zu beten begannen. Der Hausherr fragte, welchem
Lied der nunmehr anwesende Wasil haben wolle. Als Antwort
kamen die bekannten ersten Takte des beliebten Liedes:
„Wer, wer liebt den heiligen Nikolaus . . .", das von den An-
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