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510 Psychische Studien. L. Jahrgang. 11. Heft. (November 1923.)
dem Fräulein Genovef a Bauer. Sie hatte sich zusammen mit
ihrer Schwester am vergangenen Dienstag, den 12., mit Wasil in
Verbindung setzen wollen, war aber wohl nicht zur Sicherheit
darüber gelangt, ob ihr das wirklich gelungen war. Sie fragte
nun wiederholt, ob Wasilko damals bei ihr gewesen und erhielt
schließlich den schriftlichen Bescheid: „Sie mögen mich
noch einmal anrufen," ein Bescheid, der durch Klopflaute
dahin ergänzt wurde, daß das sogleich an Ort und Stelle,
und zwar bei Licht geschehen sollte. Die Kommission beschloß,
das zuzulassen, und war naturgemäß sehr gespannt, was nun geschehen
würde. Sie erlebte in der Tat ein Stück teilweiser Besessenheit
! Fräulein Bauer nahm an einem Tische Platz, der
etwa 1 Meter vom Kopfende des Bettes entfernt stand; auf ihm
ein Metallkreuz. Sie nimmt Papier und Bleistift zur Hand, beginnt
mit starkem, nervösem Zittern zuerst zu kritzeln und endlich
zu schreiben. Dann entfällt ihr aber der Bleistift, sie hat
keine Macht mehr über ihre Hände. Diese hämmern vielmehr
gewaltsam auf den Tisch, und zwar mit solcher Kraft, daß
auch Kostelnik und Lopatynsky sie nicht mehr zu halten vermögen
, ein deutlicher Beweis, daß das Medium nicht etwa
Theater gespielt hat. Man läßt die Arme wieder los, jetzt gerät
der ganze Körper in Bewegung. Das Medium erhebt
sich, die Arme schlagen an den Leib. Doch ein ihr schnell gereichtes
Kruzifix beruhigt sie wieder. Während der ganzen
Zeit bleibt sie bei vollem Bewußtsein.
Nim versuchte man sich mittelst der Buchstaben eines im
Kreise aufgeschriebenen Alphabets mit dem Geist zu verständigen
. Fragen wurden gestellt, und die Hand des Mediums fuhr
dann willenlos an die betreffenden Buchstaben, aus denen sich
die Antwort zusammensetzte. Es entsprach das dem Willen
Wasilkos selber. Dann wurden die Arme wieder vom Alphabet
weggerissen und es erfolgte — durch die Arme des Mediums —
ein Trommeln von Märschen auf dem Tisch, wie früher auf der
Kiste unter deim Bett Auch bedeuteten ein oder zwei Schläge
mit der flachen Hand eine bejahende bzw. verneinende Antwort
. Was also früher die unsichtbare materialisierte
Hand vollbracht hatte, geschah jetzt durch die von der unsichtbaren
Kraft beschlagnahmte Hand des Mediums. So wurde
auch ,binnen weniger Sekunden eine Zeichnung erzielt. Das
Medium bat Wasilko, etwas zu zeichnen, was er bei Lebzeiten
gern gehabt. So entstand ein gar nicht übel gezeichnetes Pferdchen
. Wie weit allerdings das eigene Zeichentalent des
Mediums ging, ist nicht berichtet.
Als Fräulein Bauer sich müde fühlte, bat sie den Geist wieder,
aus der Kiste zu antworten, und ntm war es interessant, zu
sehen, wie die unsichtbare Kraft offenbar ihre Arme benutzte,
um wieder in die Kiste zu gelangen. Sie fuhren in die Höhe,
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