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Kröner: Ueber medizinisches Fernfühlen. 525
Schmerz in den Beinen. Einen Schmerz hier (links von der Wirbelsäule
) und ein eigenartiges Gefühl hier über dem Kopf (Stirnpartie,
reibt sich Stirn und Augen) und augenblicklich einen deutlichen Schmerz
von hier (obere Herzgegend), das kann aber noch ein Schmerz von
vorhin sein.
v. Rutkowsky: Dann wollen wir es bis zum nächstenmal lassen.
Bruck: Ist es eine Dame?
Med.: Das kann ich nicht sagen, denn eine Unterscheidungskrankheit
(an der man das Geschiecht unterscheiden könnte), spüre
ich nicht.
Krön er: Man müßte erst einmal feststellen, ob das bisher
Gesagte in das Krankheitsbild paßt oder nicht.
v. Rutkowsky: Die Organe, die Sie als nicht erkrankt angegeben
haben, sind frei, aber sonst haben Sie noch nichts gefunden.
Med.: Ich gab Organe an, an denen nichts fehlt, dann kann ich
ja weiter suchen, vielleicht finde ich's doch noch.
v. Rttkowsky: Die Organe, an denen nach ührer Ansicht
nichts fehlt, sind frei.
Med.: Dann suche ich weiter. Also ich habe angegeben einen
Schmerz hier rechts der Lendenwirbelsäule, und hier sitzt meiner Ansicht
nach die rechte Niere. In der Gegend hierüber ist ein Schmerz
und ebenso ein Druck über den Augen (sie reibt sich stark die
Augen, und dann wieder ein Druck am Herzen und da bleibe ich immer
hängen, soweit komme ich. Eine Krankheit an einer anderen Stelle
finde ich nicht.
v. Rutkowsky: Wi** brechen ab, es ist an einer anderen Stelle,
Med.: Ich finde es nicht, es läßt sich kein Kontakt herstellen, ich
kann nicht sagen, woran das liegt.
Krön er: Es kann vielleicht etwas sein, was sie noch nie gesehen
hat, ich glaube der Versuch ist unglücklich angestellt. Ich bin
nicht dafür, ihn ein anderes Mal wieder aufzunehmen, denn er besäße1
keinerlei Beweiskraft, weil einigt, auch ich, das Bild gesehen haben.
Med.: Sie dürfen mir das nächste Mal aber bestimmt nicht sagen,
daß es derselbe Versuch ist, sonst wird es nichts.
Kröner: Besteht darauf, den Versuch als mißlungen abzubrechen
und der Versuchsperson das Bild zu zeigen. Es handelt steh um bine
Patientin mit Akromagalie ^Spitzen Wachstum = abnormes Wachstum
von Nase, Lippen, Händen, Füßen infolge Geschwulstbildung oder
funktioneller Störung der Zirbeldrüse). Dieser Fall sei eher als angeborene
Mißbildung, denn als eigentlicher Krankheitsprozeß aufzufassen,
auch pflegten in solchen Fällen prägnante subjektive Symptome zu
fehlen. (Nach v. Rutkowsky leidet Patient an Kopfschmerz und Sehstörungen
infolge Druckes auf die Sehnervenkreuzung.) Dieses Beispiel
sei also für die telästhetische Diagnosenstellung unglücklich gewählt
. Was die Sehstörung betrifft, so sehe die Versuchsperson selber
sehr mangelhaft, könne eine solche also schwer auffangen. Daß sie
jedoch lokalisatorisch anscheinend auf der richtigen Fährte gewesen
sei, das beweise s. E. das heftige Reiben über Stirn und Augein
und das Kratzen und Zerren an den Händen. Weiteres als diese unbestimmten
, subjektiven Empfindungen lokalisatorischer Natur waren
telästhetisch jedenfalls nicht aufzufangen. Nun habe aber Experimentator
, anstatt die Richtigkeit dieser Angaben anzuerkennen, und so dem
Medium die nach Abschluß der „Vordiagnose" notwendige Hilfe zu
geben, — anscheinend lediglich auf die Organlokalisation bedacht —
durch seine Aeußerung, daß noch nichts gefunden sei, die Versuchsperson
von ihrer richtigen Fährte abgebracht und in Verwirrung gesetzt.
Der Versuch müsse also — nicht wegen mangelnder Einfühlungsfähigkeit
— sondern aus Gründen, die auf seiten der Versttchsleituing
liegen, als mißlungen gebucht werden.
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