http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1923/0542
v. Schrenck-Notzitigi: Ordntuigsl'ehre von Hans Driesch. 541
selbe, was wir früher in anderem Zusammenhang sagten,
nämlich, daß die Ordnungslehre sich mit der bloßen Feststellung
der seltsamen Sachverhalte begnügen und alle weitere
Erörterung der Metaphysik des Wissens überlassen
muß.
Daß das Medium aussagt, es habe sein Wissen von,
eim-m Verstorbenen, besagt an und für sich für die empirische
Existenz der immateriellen Duplizität Psychoid-Seele
dieses Verstorbenen gar nichts. Weiß man doch10), daß in
der Hypnose und in hypnoseartigen Zuständen Wissensinhalte
beliebig „dramatisiert" werden. Warum nicht einmal
zur Person eines „Geistes"?
Nun ist aber allerdings in Form der sogenannten „spiritistischen
" Hypothese die Vermutung aufgestellt worden,
daß vieles von dem, was wir hier als Telepathie und Ger
dankenlesen ausgaben, wirklich, natürlich für uns Logiker
im empirischen Sinne des Wortes, von Verstorbenen
herstamme.
Der Spiritismus ist eine besondere metapsychologische
Hypothese und darf natürlich nicht mit der
Parapsychologie als Ganzem verwechselt werden; so handeln,
hieße tun wie die, die Darwinismus und Deszendenztheorie
verwechseln. Sinnlos ist die spiritistische Hypothese nicht.
Warum sollte Entelechie sich nicht von der Leibgebundenheit
lösen und doch noch sich äußern können? Es ist eine reine
Tatsachenfrage, ob sie es tut oder nicht tut; auch ist es
eine Frage der Ordnungslehre, und man glaube ja
nicht, daß hier ohne weiteres der metaphysische Boden betreten
werden muß. Metaphysik ist ganz und gar eine
Sache für sich; ist sie da, so bemächtigt sie sich aber jedes
Problems der Ordnungslehre und nicht etwa nur besonders
„problematischer Probleme".
Drei Gruppen von Tatsachen pflegen als Indizien zugunsten
der spiritistischen Hypothese angeführt zu werden:
Erstens das Faktum, daß die Aeußerungen des Mediums,
z. B. mit Rücksicht auf die Kenntnis der klassischen Sprachen
, weit über seinen Bildungsgrad hinausgehen. Doch
fällt das wohl nicht grundsätzlich aus dem Bereiche möglicher
„Abzapfung" heraus.
Zweitens die sogenannten „Croß-Corresponden-
ces", das heißt Fälle, in denen verschiedene Medien
an verschiedenen Orten Bruchstück-Aussagen von
sich geben, die erst zusammen einen Sinn ergeben, und
von denen sie sagen, daß sie ihnen von demselben Verstorbenen
eingegeben seien. Doch ist Telepathie und Hellsehen
zwischen den Medien hier ein anderer möglicher Er-
Märungsgrund.
*°) S. o S. 397 f.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1923/0542